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Schiller durch seine „Huldigung der Künste" verewigt hat, wurde am
30. September 1811 geboren. Noch umschimmerte der Glanz der dichte¬
rischen Heroeuzeit die kleine Stadt an der Ilm, noch lebte und wirkte
Goethe, und in manchen seiner Tagebnchblätter, Briefe und Gedichte gedenkt
er des heranwachsenden Fürstenkindes; aus seinem Munde erhielt sie in noch
früher Jugend das denkwürdige Lob: „Sie darf mitreden, denn sie
hat etwas gelernt." Auch in den Briefen der Witwe Schillers wird
ihrer häufig rühmend gedacht. Der hohe Sinn, die Neigung für Künste
und Wissenschaften, welche die junge Prinzessin schon durch ihre Erziehung
erhielt, haben die Frau durch das Leben begleitet. Goethe sah noch ihre
Verlobung und Vermählung mit dem Prinzen Wilhelm von Preußen als
ein beglückendes Ereignis seines Alters am 11. Juni 1829.
Zwei Kinder schlangen das Band fester, das die Eltern vereinte.
Prinz Friedrich Wilhelm, der nachmalige Kaiser Friedrich III., wurde
1831, Prinzeß Luise, die jetzige Großherzogin von Baden, 1838 geboren.
Durch ihre Milde und Leutseligkeit hatte die Prinzessiu vou Preußen sich
bald die Verehrung und Neigung der Berliner Bürgerschaft gewonnen.
Bedeutsamer aber trat sie erst in den fünfziger Jahren in die Öffentlichkeit
ein. Damals lebte sie mit ihrem zum Militärgouvernenr von Rheinland
und Westfalen ernannten Gemahl zu Koblenz, und ihre Teilnahme an
den künstlerischen Bestrebungen, ihre Liebe zu den Naturschönheiten der
Provinz, die freundliche Huld, mit der sie jedermann begegnete, brachten
sie den Bewohnern näher, und es wob sich jenes schöne Band der Neigung
auf der einen, der Huldigung auf der andern Seite, welches die hohe Frau
zeitlebens mit der Rheinproviuz verknüpfte. Sie gründete und förderte
wohlthätige Vereine und segensreiche Anstalten, auf ihre Anregung und
unter ihrer Leitung wurde die evangelische Garnisonkirche wiederhergestellt
und die berühmten Rheinanlagen zu Koblenz ins Leben gerufen.
Überreich hat sie dann als Königin und Kaiserin alle Hoffnungen erfüllt,
welche Preußen und Deutschland auf sie gesetzt hatten, ja, sie ist das leuch¬
tende Vorbild einer Landesmutter gewesen. Von dem Augenblick, als
ihr Gemahl den preußischen Thron bestieg, bis in die letzten Tage vor ihrer
Krankheit waren ihre Gedanken und Bestrebungen einzig dem Wohl und
der Pflege der Leidenden, der Erziehung und dem Unterrichte
der Jugend gewidmet. Die geistreiche und anmutige Fürstentochter
Weimars, die als Prinzessin von Preußen eine Zierde des Hofes und
seiner Geselligkeit gewesen, erfaßte und erfüllte die Pflichten der Herrscherin
in ebenso großem wie hingebend mütterlichem Sinne. Jahrzehnte hindurch
hat sie ihrem Gemahl treu und thätig zur Seite gestanden und