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Preußen 2 029 Quadratmeilen groß; es zählte 1 700 000 Einwohnet
und besaß eine Kriegsmacht von 38 000 Mann.
Friedrichs größtes V e r d i e n st ist die Erwerbuug der Königs-
würde. Er gab damit den Anstoß zu der späteren Entwicklung
Preußens und wollte nach dem Urteile Friedrichs des Großen durch
seine Tat gleichsam zu seinen Nachfolgern sagen: „Ich habe den Titel
erworben, macht euch dessen würdig. Ich habe den Grund zu eurer
Größe gelegt, vollendet das Werk."
8. Gesellschaftliches ittib geistiges Leben. Frankreich, das unter
Ludwig XIV. das politische Übergewicht in Europa erlangt hatte,
wurde auch in Sprache, Tracht und Sitte maßgebend. Die französische
Sprache wurde die Sprache der Höfe und Diplomaten. Auch Friedrich I.
ahmte das Hofleben, das Ludwig XIV., der „Sonnenkönig", in Versailles
führte, nach. Er umgab sich mit einem großen Hofstaat, der streng die
französische Etikette beobachtete.
In der Kleidung richtete man sich nach der Pariser Mode. Die
Männer trugen eine lange, bunte Weste, einen Spitzenkragen um den
Hals und einen bunten Sammet- oder Seidenrock, dessen breite Auf-
schlage mit großen Metallknöpfen geziert waren. Kniehosen, weiß-
seidene Strümpfe und Schnallenschuhe vervollständigten die Tracht des
seinen Mannes. Den Kopf bedeckte man mit einer großen gepuderten
Perücke und einem dreieckigen Hut; an der Seite hing dem „Kavalier"
ein zierlicher Degen. Die Damen trugen große Reifröcke, hohe
künstliche Frisureu und bedienten sich des Puders, der Schminke und
der „Schönheitspflästerchen". Auch die Kinder gingen in derselben
unnatürlichen Tracht wie die Erwachsenen.
Steckte das französische Wesen mit seinen leichtfertigen Sitten
auch hier und da die Bürgerkreise an, so hielt man in diesen doch
im allgemeinen an strenger häuslicher Zucht uud fleißiger Arbeit fest.
In der protestantischen Kirche entwickelte sich um diese
Zeit durch Speuer tu Berlin und August Hermann Francke
in Halle eine fromme Richtung, die man Pietismus nannte.
Wissenschaft und Kunst, die jetzt einen neuen Aufschwung
nahmen, fanden an König Friedrich I. einen immer freigebigen Gönner.
Um den Glanz des jungen Königtums zn erhöhen, wurden Künstler
und Gelehrte an den Hof gerufen. Die vielseitig gebildete Königin
Sophie Charlotte, die „philosophische Königin", versammelte um sich
einen Kreis geistreicher Männer, unter denen der Philosoph Leibniz
besonders hervorragte.
In Berlin wurde die Sozietät der Wisseusch asten und
die Akademie der Künste gegründet. Die Sozietät (später Akademie)
ist eine Vereinigung von Gelehrten, die gemeinsam an der Hebuug
Ergänzungen Nr. 9, 10.
Atzler, Geschich-e für Lehrerseminare.
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