Full text: Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte für Lehrerseminare (Teil 2)

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Vertrages bestanden hatte, wieder eingerichtet werden müsse 3n 
diesem Zwecke rückte der General Mantenffel mit preußischen Truppen 
in Holstein ein und stellte es dem österreichischen Statthalter, General 
Gablenz, auheim, in Schleswig gleichfalls von dem Recht gemeinsamer 
Besetzung Gebrauch zu machen. Gablenz erhielt jedoch von seiner 
Regierung den Befehls Holstein zu räumen und sich nach Hannover 
zurückzuziehen. Österreich bestritt, deu Gasteiner Vertrag gebrochen 
zu haben; es verwahrte sich dagegen, daß Preußen „zum Schutz ver- 
meintlich verletzter Rechte den Weg der Selbsthilfe betrete", und 
beantragte am 11. Juni 1866 beim Bundestage zn Frankfurt a. M. 
wegen des „gewalttätigen Vorgehens" Preußens die „schleunige 
Mobilmachung sämtlicher nicht zur preußische» Armee 
gehörigen Armeekorps des Bundesheeres". 
Der Autrag wurde am 14. Juni mit 9 gegen 6 Stimmen an¬ 
genommen. Nach der verhängnisvollen Abstimmung erklärte der 
preußische Bevollmächtigte, daß seine Regierung „den bisherigen 
Bundesvertrag für gebrochen und deshalb nicht mehr 
für verbindlich au sehe, deu selben vielmehr als erloschen 
betrachten und behandeln werde". Alsdann gab er noch die 
Erklärung ab, „daß der König von Preußen mit dem Erlöschen des 
alten Bundes nicht zugleich die nationalen Grundlagen, auf denen der 
Bund aufgebaut war, als zerstört betrachte, vielmehr bereit sei, einen 
den Zeitverhältnissen entsprechenden neuen Bund mit 
denjenigen deutschen Regierungen zu schließen, die ihm dazu die Haud 
reichen wollen," und legte einen Entwurf zur Buudesreform vor. 
6. Das Ultimatum Preußens. Obgleich Preußen berechtigt war. 
sämtliche Regierungen, die am 14. Juni mit der Mehrheit gestimmt 
hatten, ohne weitere Erklärung als Feinde zu behandeln, bot König 
Wilhelm dennoch am folgenden Tage (15. Juni) den Königen von 
Sachsen und Hannover und dem Knrfürsten von Hessen ein Bündnis 
an. Unter der Bedingung, daß sie in dem bevorstehenden Kriege 
nentral blieben und die Wahlen für das deutsche Parlament ausschrieben, 
wnrden ihnen ihr Besitzstand lind ihre Sonveränitätsrechte gewährleistet. 
Da dieses Anerbieten abgelehnt wurde, rückten am 16. Juni die 
preußischen Truppen mit überraschender Schnelligkeit in Hannover, 
Hessen und Sachsen ein. 
2. Ereignisse auf dem nordwestlichen Kriegsschauplätze. 
a. In Hannover. Der bei Minden stehende General Vogel 
von Falckenstein besetzte die Hauptstadt Hannover, und General 
Der Austritt Preußens aus dem Deutschen Bunde. Atzler, Qu. u. L. III. 
Preußens Entwurf zur Bundesreform. Atzler, a. a. O. 
Wilhelms I. Aufruf: An Mein Volk! 18. Juni 1866. Atzler, a. a. O.
	        
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