438 III. Länder- und Völkerkunde. B. Asien. 
sind die Militair-Einrichtungen zu bezeichnen. Die gewöhnliche Kriegs¬ 
macht beläuft sich auf 17,000 Mann Infanterie und Artillerie (Ca- 
vallcrie fehlt dem Gebirgslande gänzlich), aber nach Art des preußischen 
Landwehr-Systems kann die Zahl binnen drei Monaten verdoppelt, in 
sechs Monaten verdreifacht werden. Sämmtliche Geschütze werden nur 
von Menschen gezogen (16 Mann zu einem Geschütz) und beim Ge- 
birgsmarsch aus einander genommen. 
Reich belohnend ist das mühevolle Ersteigen des 8O0O Fuß hohen 
Zanna-Passes ans der Höhe des Tschandragiri- oder Mond-Gebirges; 
denn es liegt zu Füßen ausgebreitet das herrliche Thal vonKatmandu, 
— ein grüner, reich bewässerter und cultivirter Kessel. ?Fast in seiner 
Mitte die schöne Stadt mit ihren bunten Tempeln, zierlichen Häusern 
und prächtigen Gürten voll Orangen-, Pflaumen- und Kirschbüumen 
und rund herum der majestätische Gürtel hoher Waldberge, über denen 
die riesigen Häupter des Himalaya mit weit leuchtender Schnee- und 
Eisdecke thronen. Den 9. Februar hielt der Prinz seinen feierlichen 
Einzug in Katmandu, eingeholt vom Minister Martabar Singh — 
dem großherzigen Löwen, welcher nicht ermangelte, alle nationale Pracht 
im glänzendsten Lichte zu zeigen. Die Residenz mit ihren gepflasterten 
Straßen, schmucken und soliden Häusern, versehen mit zierlichen Erkern, 
machte einen angenehmen Eindruck; die Menge Tempel mit ihren aus¬ 
geschweiften Dächern und tausenderlei Schnörkeln trugen schon chinesi¬ 
sches Gepräge, und am großartigsten verrieth sich die Mischung von 
indischem und chinesischem Geschmack an dem Durbar, an dessen massigen 
Mauern dicke, kegelförmige Säulen lehnten, während die Ecken in chi¬ 
nesische Thürmchen ansliefen und Alles von Bild- und Schnitzwcrk 
in den phantastischsten Formen überladen war, auch die Drachen-Fi¬ 
guren schon eine hervorragende Rolle spielten. So originell der Em¬ 
pfang bei Hofe auch war, so machte doch das untergeordnete Verhältniß 
des eigentlichen Regenten gegenüber dem erst fünfzehnjährigen jungen 
Maharadjah einen widerlichen Eindruck, und als dieser erst bei der 
ganz ansehnlichen Truppcn-Revue auf goldstrahlendem Schimmel im 
prachtvollsten Costüme erschien, aber auf dem geführten Pferde gehalten 
werden mußte, von einer Schaar von Fliegenwedlern umgeben und den 
ersten besten Rücken eines Häuptlings als Steigbügel benutzte, so stand 
das Bild eines durch Ausschweifungen entnervten Despoten in seiner 
Vollendung vor Augen. Eine freistehende Säule im Garten des Mi¬ 
nisters, deren domförmige Krone auf 222 Stufen erstiegen wurde, ge¬ 
währte einen unvergleichlich schönen Blick auf das Thal, welches, in 
eine Menge niedriger Cultur-Terrassen zerlegt, den Eindruck eines gro߬ 
artigen, grünenden und blühenden Amphitheaters machte. So war es 
denn auch vorzugsweise die Natur, welche den Prinzen anzog und nach 
den schönsten Punkten des Thales hinlockte. Da stand dicht bei Kat¬ 
mandu ans terrassirtem isolirtem Berge der Tempel von Sambunath, 
eine ganze Burg nach einander zusammengebauter Heiligthümer. Drei¬ 
hundert in den Fels gehauene Stufen führten zur höchsten Spitze und
	        
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