104 Die Geschichte Brandenburgs bis zum Großen Kurfürsten.
zu schaffen, die jetzt mit ihren Gerechtsamen, ihrem Handel und Gewerbe so ziem¬
lich den Mittelpunkt des Landes bildeten. Zu Schutz und Trutz hatten sie sich
zusammengetan gegen die Raubritter und Wegelagerer, ^jhre Bürgermeister
waren große Herren, fast kleine Könige in ihrem Reich. Sehr bezeichnend war
es, daß auf dem Rathaus neben allen bunten Fahnen und Fähnchen der
Städte das kurfürstliche Banner bescheiden an einen Schornstein gedrängt war.
Es fragte hier auch keiner nach dem Kurfürsten. Er hatte in die Angelegen^
heiten der Städte nicht hineinzureden, auch ihre Zwistigkeiten machten sie unter¬
einander ab. Deren gab es viele, denn zwischen den beiden Schwesterstädren
Berlin und Kölln, die auch im Hansabunde vertreten waren, herrschten fort¬
währende Eifersüchteleien, an denen jeder gute Bürger mit Leib und Seele
teilnahm. Jeder hatte mitzusprechen, jedes Mannes Wort hatte da Gewicht,
und noch mehr seine derben Fäuste. Durch diese Zwistigkeiten gewann der
Hohenzoller Friedrich Eisenzahn Macht über die beiden Städte, unter¬
warf sie, die aufständisch waren, stürzte den steinernen Roland, der das
Recht der Stadt auf Blutbann ausdrückte und baute sich ein festes Schloß in
ihrer Mitte. Das war der Anfang zur Residenz Berlin.
Friedrich II. übertrug später, da er seine beiden Söhne durch den Tod
verlor, die Mark an seinen Bruder Albrecht (Achilles).
Albrecht Achilles (1470—1486). Er war nur ein Jahr jünger als
Friedrich II., als er die Regierung über Brandenburg antrat und galt als
der hervorragendste unter seinen Brüdern. Der Chronist Aeneas Sylvius
berichtete von ihm: „Viele Feldherren seiner Zeit haben nicht von so vielen
Schlachten gehört und gelesen, als er gefochten. Unzählige Male hat er
Heere geführt und die tapfersten Feinde geschlagen, immer der erste beim
Angriff, der letzte beim Rückzüge, keine Burg und keine Stadt war ihm
zu fest. In Polen hat er gekämpft, in Schlesien gefochten, in Böhmen
gesiegt; im deutschen Lande gibt es keinen Winkel, den er nicht gepanzert
betreten." Sein Hof in Franken war ein Mittelpunkt ritterlichen Lebens,
erinnernd an die Blütezeit der Hohenstaufen. In allen Turnierbüchern des
15. Jahrhunderts glänzte der Name von Albrecht Achilles. Als er mit
seinen fränkischen Rittern 1471 in der Mark zur Huldigung erschien, trat der
Gegensatz zwischen den seiner gebildeten Franken und den roheren Branden¬
burgern schroff hervor. Auch brachte der neue Kurfürst den Bürgern kein
allzugroßes Wohlwollen entgegen, weil ihn eine lange und heftige Fehde mit
Nürnberg gegen den wachsenden Unabhängigkeitssinn der Städte sehr ver¬
bittert hatte. Als er in Stendal die Huldigung empfing, bewirtete ihn die
Bürgerschaft auf dem Rathause mit einem prächtigen Mahle, bei dem der
damals so beliebte Klaretwein, das Einbeckische Bier und Gewürz (d. i. Rosinen,
Mandeln, eingemachte Früchte) eine große Rolle spielten. Der Fürst dachte
nicht daran, die ständischen Vertreter, die am Kamin unbeachtet standen, gleich¬
falls zur Tafel zu laden. Vollends verdarb Albrecht es mit den Märkern, als
er eine neue Steuer, die Bierziese, einführte. Er erhob von jeder Tonne, die
gebraut wurde, einen Groschen und einen zweiten Groschen, wenn sie verkauft
wurde. Die Stände verweigerten diese Forderung, willigten aber schließlich
in eine Zahlung von 100000 Gulden, unter der Bedingung, daß der Kurfürst
feine neue Steuer erheben dürfe, außer, wenn er, mit Zustimmung der Stände,
etwa Krieg führen ober im Felbe eine bebeutenbe Nieberlage erleiben oder
feine Söhne unb Töchter verheiraten würbe. Als treuer Anhänger Kaiser