Full text: Neueste Geschichte von 1815 bis zur Gegenwart (Teil 3)

50 Die Zeit der Restauration. 
Völker in ein Deutschland zu vereinigen." Metternichs deutsche Politik er- 
strebte daher die Unterdrückung der liberalen und der nationalen Strömungen 
im Gebiet des Deutschen Bundes. 
ß. Der Erfolg seiner Politik in Deutschland war aber offenbar 
davon abhängig, ob es gelingen würde. Preußen für die gleichen Ziele zu 
gewinnen. „Es galt ihm, diesen aufstrebenden Staat zurückzuhalten auf der 
Bahn, auf der er sich an die Spitze Deutschlands zu erheben drohte. Metternich 
urteilte wie Gneisenau, daß Preußen dies erreichen werde, wenn es sich den 
dreifachen Primat der Waffen der geistigen Freiheit und der guten Verfassung 
sichere, wenn es also die Reform im Geiste Steins und seiner Freunde voll- 
ende, und um dies zu hindern, nannte er diesen Geist den Geist der Revo- 
lution." Wenn es gelang, in Preußen die Entwicklung einer konstitutionellen 
Verfassung zu verhindern, so war damit die liberale Bewegung in Deutschland 
zum Stillstande gebracht. 
Zugleich aber mußte Preußens Beihilfe für die Unterdrückung der 
nationalen Strömungen gewonnen werden; denn ohne die Mitwirkung dieses 
deutschen Großstaates war die Anwendung allgemein wirkender Gewaltmaß- 
regeln infolge der Unzulänglichkeit der Bundesorganisation nicht durchführbar. 
y. Mit siegesfrohem Jubel vernahm Metternich daher in Italien, 
wohin er im Sommer 1819 seinen Kaiser begleitet hatte, die Botschaft von 
den Schreckenstaten Sands und Lönings, durch welche seine Prophezeihungen 
von dem drohenden Schrecken der Revolution bestätigt zu werden schienen. Nun 
galt es, die Angst der kleinen Höfe auszubeuten und „der Sache die beste 
Folge zu geben". Zunächst versuchte Metternich, am Bundestage eine so- 
genannte „Reform" des deutschen Hochschulwesens durchzusetzen: die Studenten 
sollten ihre Ausnahmestellung verlieren und auch in Disziplinarangelegenheiten 
der bürgerlichen Polizei unterstellt werden, und die einzelnen Bundesstaaten 
sollten sich verpflichten, keinen von einer Regierung entlassenen Universitäts¬ 
lehrer wieder anzustellen. Allein zu Metternichs Ärger bewährte sich jetzt 
die einst so sorgsam beschützte Beschlußunfähigkeit der hohen Bundesbehörde, 
es war nicht daran zn denken, daß Österreichs Anträge rasch und glatt an¬ 
genommen werden würden. Metternich mußte aber das Eisen schmieden, so- 
lange es warm war, und beschloß daher, mit Preußens Hilfe einen 
Staatsstreich auszuführen und den Bundestag im Verein mit 
Preußen zur Annahme der ihm wünschenswert erscheinenden Be- 
schlüsse zu zwingen. 
d. Die Stimmung am preußischen Hofe kam dem Begehren 
Metternichs auf halbem Wege entgegen, der König hatte durch bie Anordnung 
der Demagogenverfolgungen das Werk, das Metternich in ganz Deutschland 
durchgeführt wissen wollte, in seinem Staate schon kräftig in Angriff genommen. 
Immerhin aber war es von größter Bedeutung, daß sich Preußen auch in 
seiner Bundespolitik den Zwecken Österreichs unterordnete. Die Demagogen¬ 
verfolgung in Preußen war ein Gewaltakt des absoluten Herrschers, der durch 
einen Umschlag der Stimmung rasch wieder ausgehoben werden konnte; sollten 
die Grundsätze der Restauration in ganz Deutschland erfolgreich durchgeführt 
werden, so galt es, die Einzelstaaten dauernd unter die Aufsicht des Bundes, 
d. h. die Österreichs zu stellen. Dafür sollte Preußen nun gewonnen werden. 
e. Am 29. Juli hatte Metternich in Teplitz mit Friedrich Wilhelm III. 
eine vertrauliche Unterredung, in der es ihm vollständig gelang, den König
	        
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