Full text: Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte von 1648 bis 1815 (Teil 2)

264 Vom Tode Friedrichs des Großen bis zum Ende der Freiheitskriege. 
verzweifelnde Imperator am 18. Oktober wenigstens einen gesicherten Rückzug 
erkämpfen; aber gerade der Rückzug des französischen Heeres brachte die 
eigentliche Niederlage, der Kaiser verlor trotz der mangelhaften Verfolgung 
fast die Hälfte seines Heeres, und der Rest der französischen Truppen, die sich 
auf der Flucht nach dem Rheine bei Hanau noch mit den ihrem Bündnis 
untreu gewordenen Bayern schlagen mußten, war nach der Rückkehr nach 
Frankreich kaum noch in kriegsfähigem Zustande. 
d. Im weiteren Verlaufe des Krieges wurde der Gang der Ereignisse 
durch den hindernden Einfluß vor allem der österreichischen Politik aufs 
schwerste beeinträchtigt, und nur der stürmischen Tatkraft der Blücherschen und 
Bülowschen Truppen war es zu verdanken, daß der Feldzug des Jahres 1814 
mit dem Sturze Napoleons endigte. 
Schon nach den ersten namhafteren Erfolgen hatten die Verbündeten 
das Bedürfnis empfunden, sich fester auf ein bestimmtes Programm zusammen- 
zuschließen, das war am 9. September in den Verträgen zu Teplitz 
geschehen. (Vertreibung der Franzosen vom rechten Rheinufer, Auflösung des 
Rheinbundes, Wiederherstellung Österreichs und Preußens re.)*) 
Den süddeutschen Staaten, die jetzt für ihre Zukunft fürchtend, Miene 
machten, sich der Koalition anzuschließen, sicherte Österreich in wohlberechneter 
Großmut vollständigste Souveränität und Unverletzbarkeit ihres Gebietes zu. 
(Vertrag zu Ried mit Bayern am 8. Oktober, zu Fulda mit Württemberg 
am 2. November re.) 
Der Sieg von Leipzig erschien der österreichischen Politik fast zu groß, 
und daher trug sie Sorge, daß Napoleons Macht auf der Flucht nach dem 
Rheine nicht vollends vernichtet wurde: Blücher, dessen Armee den Franzosen 
„dicht auf den Hacken saß", mußte durch das Lahntal seitlich abschwenken, 
damit er nicht vor dem Kaiser Franz in Frankfurt einziehe. 
An eine Fortsetzung des Krieges auf dem linken Rheinufer war zunächst 
gar nicht zu denken, denn nach Österreichs Meinung mußte die Antwort Napoleons 
auf Metternichs für einen geschlagenen Feind außerordentlich günstiges Friedens¬ 
angebot abgewartet werden. Erst am 1. Dezember erschien das neue Kriegs¬ 
manifest der Verbündeten, das in seiner ganz unangebrachten Milde und 
Großmut (Frankreich wurde ein umfänglicheres Staatsgebiet versprochen, als 
es vor der Revolution je besessen hatte) deutlich den Einfluß des in schwärme¬ 
rischen Humanitätsideen befangenen Zaren verriet. 
Der neue Operationsplan bestätigte nur die schon längst erwiesene 
Unfähigkeit der Schwarzenbergschen Kriegsleitung: man verzichtete auf jede 
Initiative, die Hauptarmee sollte ans dem Plateau von Längeres eine be¬ 
herrschende Stellung einnehmen, ohne irgendeinem Ziele zuzustreben; Blüchers 
Armee war die viel schwierigere Aufgabe zugewiesen, durch die Champagne 
gegen Paris vorzubrechen; „so waren es denn vor allem die preußischen Truppen, 
denen die Lasten des Feldzuges in derselben Zeit zufielen, da Metternichs 
österreichische Diplomatie Preußen um die Früchte dieses Feldzuges betrog". 
Napoleon vermochte Blüchers Bereinigung mit der Hauptarmee durch 
den Sieg bei Brienne (29. Januar) nur auf kurze Zeit zu verhindern und 
erlitt schon am 1. Februar bei La Rothiere eine Niederlage. 
*) Über die Bestimmungen der Teplitzer Verträge in bezug auf die künftige 
Gestaltung Deutschlands und Metternichs „deutsche" Politik vgl. den III. Teil dieses 
Werkes.
	        
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