116 Die Geschichte des deutschen Kaiserreiches bis zur Zeit des Interregnums.
29. Oktober starb Konradin, der letzte Staufer, zu Neapel durch Heukershand.
Seinem Mörder Karl aber wurde Sizilien (1282) durch Peter von Ära-
gonien, Manfreds Schwiegersohn, entrissen. (Sizilianische Vesper.)
§ 37. Die letzten deutschen Könige vor dein Interregnum.
Nach dem Untergange der Staufer sinkt das deutsche Königtum
zu einem „von fremder Eitelkeit erstrebten Titel" herab.
1. Heinrich Raspe vermochte sich kaum gegen Konrad IV. zu behaupten.
Er war 1246 voit den Bischöfen und einigen bestochenen Adligen gewählt
worden. Als nun Konrad IV. die bischöflichen Städte begünstigte und so
die Kräfte der Pfaffenfürsten neutralisierte, war Heinrich auf die völlig un-
zureichende Unterstützung des Adels angewiesen. Er starb 1247, ohne jemals
mehr als lokale Anerkennung gefunden zu haben.
2. Wilhelm von Holland versuchte, die Königsmacht durch Verbindung
mit dem Bürgertume auf eine neue Machtgrundlage zu stellen, starb aber
vorzeitig.
Graf Wilhelm von Holland war von den Pfaffenfürsten 1247 unter
dem Einflüsse des päpstlichen Legaten gewählt worden. Solange Konrad IV.
in Deutschland weilte, fand Wilhelm nur unter dem niederen Adel Anhang,
nach Konrads Wegzuge aber machte er den Versuch, „das Bürgertum zur
Grundlage königlichen Waltens" zu machen.
a. Der Reichsgedanke hatte beinahe nur noch in den Städten ge-
lebt; denn sie bedurften für ihren Handel des Friedensschutzes einer
Zentralgewalt.
I). Schon 1251 hatten (bei der Ohnmacht des Königtums) einige West-
Mische Städte einen Bund zum Schutze des Verkehrs geschlossen. 1254 schlössen
sich auf Anregung des Mainzer Bürgers Arnold Walpod Mainz und Worms
zum ersten rheinischen Städtebunde zusammen. Der Bund erweiterte sich schnell,
und es verquickte sich mit ihm ein Landfriedensbund auf zehn Jahre, dem
zahlreiche Städte, Bischöfe, Laienfürsten und Adlige angehörten. „Es schien,
als sollte die ursprünglich städtische Einung des Westens in einen allgemeinen
Verband aller Stände und Gegenden des Reiches übergehen." (Lamprecht.)
c. Diesen Bund benutzte König Wilhelm, der seine Bestrebungen denen
des Buudes gleichstellte, um auf dieser Grundlage das Königtum neu
zu befestigen. 1255 schon galt er als Beschützer und Oberhaupt des
Bundes. Derselbe erweiterte seine Tätigkeit immer mehr, und es war somit
Aussicht vorhanden, daß es dem Königtum gelingen könne, die sich immer
mehr geltend machenden sozialen Gegensätze (zwischen Bürgertum, Adel
und Fürstentum) zu beherrschen und auszugleichen. Ein Bundestag von
1255 beschäftigte sich mit dem Jntereffenstreit zwischen Fürsten und Städten
(Beschränkung des Pfahlbürgertums und Gewährung freien Zuzuges nach den
Städten). Besonders wichtig war es, daß auch die Bauernschaften auf-
genommen werden sollten, wodurch die große Masse der Landbevölkerung dem
politischen Leben erhalten geblieben wäre.
König Wilhelm bewog die Bundesmitglieder ferner zu dem Ver-
sprechen, sich bei Streitigkeiten an die königlichen Beamten (Hofrichter und
Reichsfchnltheiße) zu wenden.