Full text: Geschichtliche Bilder und Vorträge

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gemeinde Megara bemüht, ihren Bürgern einen Anteil an den dort 
erwachsenden Handelsvorteilen zu sichern durch Anlage von Pflanz- 
statten an dem Zugange zu jenem Meere. Megara gründete an dem 
südlichen Ufer der Meerenge, welche das schwarze Meer mit dem 
Marmarameer verbindet, eine Niederlassung (675 v. Chr.); sie hieß: 
„Chalcedon"; aber ihre Bewohner wurden nicht ohne Spott, „die 
Blinden" genannt, weil eben nur eine Art von Blindheit die ersten 
Ansiedler zur Wahl gerade dieses Punktes hätte bestimmen können, 
während doch am gegenüberliegenden Gestade eine durch ihre Lage 
geradezu selten begünstigte Stelle zur Niederlassung hätte einladen 
müssen. Es war dies eine Halbinsel, welche durch einen über eine 
Meile langen schmalen Meereseinschnitt gegen Osten hin vom Fest- 
lande geschieden, am westlichen Eingang des pontischen Sundes in 
das Meer hineinragt, einem mächtigen Dreieck vergleichbar, das mit 
seiner abgestumpften Spitze noch über den Anfang jenes Meeres- 
einschnitte^ welcher sich wie ein Horn in das Land hiueinwindet, 
südwärts hinausreicht. Als wenige Jahre nach der Gründung 
Chalcedons auch diese Halbinsel von Megara aus besiedelt wurde 
(658 v. Chr.), da bekundete das schnelle Aufblühen von Byzanz — 
so nannte sich die Stadt, welche in der Spitze jener Halbinsel ent- 
stand —die ungemeine große Gunst, wie sie die örtlichen Verhältnisse 
daselbst in sich schlössen. Jener tief in das Land eindringende 
Meeresarm bot einen in Wahrheit unerschöpflichen Reichtum an 
Fischen, denen durch die Meeresströmung vom schwarzen Meere bis 
dorthin die Bahn vorgeschrieben wird; durch die eindringende Strö- 
muug vor Versandung geschützt, wegen der Hügel an den Ufern rechts 
und links vollkommen sturmfrei und sturmessicher, war er einer der 
denkbar besten Häfen, welcher Kriegsschiffen und Handelsfahrzeugen 
auch in erheblicher Anzahl Sicherheit, Freiheit der Bewegung, be- 
queme Landung gewährte. Dieser Hafen mußte zur Lebensader 
werden für eine Stadt, welche, an dem Berührungspunkte von 
Europa und Asien, an dem Kreuzungspunkte der großen Straßen 
des Welthandels gelegen, eine Handelsstadt in größtem Stile werden 
mußte. In Zeiten kriegerischer Not gewährte dieser Hafen eine 
gesicherte Zufluchtsstätte; dort, wo sein Zugang sich verengte, ver- 
wehrten Ketten, von Ufer zu Ufer gezogen, feindlichen Schiffen die 
Einfahrt. Selbst bei vollkommenster Einschließung wäre die Stadt 
niemals ausgehungert worden; war doch den Feinden keine Macht 
gegeben über die Meeresströmung, die bis in den innersten Winkel 
des großen natürlichen Hafens eindringend die Stadt unaufhörlich 
mit neuer Nahrung versah. Der Besitzer der Stadt vermochte mit 
leichter Mühe die Straße zum schwarzen Meere zu sperren; der
	        
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