Full text: Geschichtliche Bilder und Vorträge

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nehmlich um den Wirkungen des groben Geschützes mit Erfolg zu 
begegnen. Diese Werke sind später von Urban VIII. (1623—1644) 
entsprechend den Fortschritten der Geschützkunde und der Belagerungs- 
kunst weiter ausgedehnt worden. 
Etwa hundert Jahre vor Urban VIII. war dann die Engels- 
mals gewissermaßen in den Mittelpunkt gerückt worden in dem Streite 
zwischen Papst und Kaiser. Ein Heer Kaiser Karls V. (1519—1556) 
war unter dem Herzog Karl von Bourbon gegen Rom herangerückt, 
um Vergeltung an dem Papst Clemens VII. (1523—1534) zu üben, 
welcher, bisher dem Kaiser befreundet, nach der Schlacht bei Pavia 
— 24. Februar 1525 — sich den Feinden des Kaisers angeschlossen 
hatte. In der Morgendämmerung des 6. Mai 1527 liefen die 
kaiserlichen Scharen zum Sturm an auf Rom; ehe es Abend ge- 
worden, war die ganze Stadt mit Ausnahme der Engelsburg in 
ihren Händen. Clemens VII. war durch das Eindringen der Feinde 
überrascht worden, als er sich anschickte, in der Peterskirche Messe 
zu lesen. Vor seinen Augen wurden seine Leibwächter niederge- 
hauen; mit genauer Not rettete er sich durch den-bedeckten Gang 
in die Engelsburg; hier kam er an — wie ein Augenzeuge berichtet 
—• „mit Schweiß bedeckt, wie wenn er mit Wasser Übergossen 
worden". Von der Engelsburg aus konnte er Zeuge sein, welch 
wüste Greuel die zuchtlosen Kriegsscharen über die unglückliche Stadt 
brachten. „Fünfzehn Tage war in der Stadt keine Ordnung, kein 
Gesetz, keine Gerechtigkeit, keine Religion", so verlautet es bei einem 
Zeitgenossen. Die Engelsburg wurde belagert. Am 5. Juni ent- 
schloß sich Papst Clemens zu einem Vertrage, nach welchem er gegen 
Sicherung seines Leben sich zur Zahlung von 400 000 Dukaten 
verpflichtete: 100 000 sollten sogleich gezahlt werden; 50000 nach 
20 Tagen; 250000 in 2 Monaten. Bis zur Aufbringung der 
ersten und zweiten Rate sollte der Papst in Haft bleiben. Kaiser- 
liches Kriegsvolk besetzte die Engelsburg. „Die einrückenden deutschen 
Landsknechte fanden den Papst — wie einer ihrer Feldhauptleute, 
Sebastian Schärtlin berichtet hat — mit zwölf Cardinälen in einem 
engen Saal (die Grabkammer Hadrians?), es war großer Jammer 
unter ihnen und sie weinten sehr". Wir aber, setzt Sebastian Schärtlin 
mit bezeichnender Kürze hinzu, „wurden alle reich". Die Bedeutung 
dieses lakonischen Zusatzes wird klar, wenn wir erfahren, daß die 
Beute, welche die kaiserlichen Kriegsknechte aus Rom fortschleppten, 
nach der niedrigsten Schätzung einen Wert von 30 Millionen Dukaten 
gehabt hat. 
Aus den Landsknechten wurden 200 der schönsten ausgewählt, 
beim Papste Dienste zu thuu, d. h. denselben in der Engelsburg als
	        
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