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übertragen wurde, wodurch sich Thankmar, der Stiefbruder Otto's, gekränkt fühlte,
weil er als Verwandter Siegfried's auf die Nachfolge in dessen Würde gehofft hatte. —
Mit Thankmar verband sich der grollende Eberhard gegen Otto. Sie verwüsteten West-
falen, und Thankmar führte Heinrich, den jüngeren Bruder Otto's, gefangen zu
Eberhard. Darauf nahm Thankmar die Eres bürg ein, die von Otto belagert und
erstürmt wurde. Im beißen Kampfe wurde Thankmar in der Kirche am Altar, wohin
er sich geflüchtet hatte, erschlagen. Eberhard erhielt darauf von Otto Begnadigung. 938.
Der junge ehrgeizige Heinrich trachtete nach dem Königsthrone. Er war der
erste Sohn, der dem König Heinrich geboren war und glaubte darum mehr Ansprüche
aus die Königsherrschast zu haben als Otto. „Edleres Blut rinnt in meinen Adern",
soll er gesagt haben, als Otto zu Erfurt ihm vorgezogen wurde. Als er von Eber-
hard in Haft gehalten wurde, erfüllte dieser sein Herz mit hochfliegenden Plänen
und versprach ihm seinen Beistand, wenn er sich des Thrones bemächtigen wollte. Das
glaubte Heinrich im Jahre 939 ausführen zu können; er schloß deshalb ein Bündnis
939 mit Eber hard und Giselbert von Lothringen. Bei Birthen am Rhein wurde
aber das Heer Heinrich's und Giselberts vom König Otto geschlagen. Daraufrüsteten
Heinrich und Giselbert aufs neue und zogen in ihr Bündnis den französischen König
Ludwig IV. (Ultramarinus); auch der Erzbischof Friedrich von Mainz gesellte
sich im Geheimen zu den Empörern. Ludwig IV. fiel sogleich in das Elsaß, wurde
aber bald von dem von der Ostgrenze des Reiches herbeigeeilten König Otto daraus
vertrieben.
!) Als Eberhard und Giselbert erfuhren, daß der König im
Elsaß sei, fürchteten sie nicht mehr, daß noch jemand ihnen Widerstand
leisten würde, und sie versammelten ein sehr großes Heer, gingen bei
Andernach über den Rhein und begannen überall die Anhänger des Königs
niederzuwerfen. Zwar befanden sich in jener-Gegend Udo, der Bruder
Her mann's von Schwaben, und Konrad von Franken, welche dem
Könige treu geblieben waren. Aber ihre Scharen waren dem großen
Heere nicht gewachsen, und darum fürchteten sie sich, ihnen entgegen zu
treten. Allein auf innere Eingebung folgten sie dem Feinde auf dem
Fuße, als dieser mit Beute beladen heimkehrte. Sie waren noch nicht
weil gezogen, als ihnen ein Priester weinend und jammernd begegnete.
Da sie ihn fragten, woher er komme und warum er weine, antwortete
er: „Ich komme von jenen Räubern her, die mir das einzige Stück Vieh,
das ich besaß, genommen und mich noch elender gemacht haben." Als
Udo und Konrad solches hörten, erkundigten sie sich bei ihm genau, ob
er den Giselbert und Eberhard gesehen hätte. Jener erwiderte, daß diese
beinahe ihr ganzes Heer sammt der Beute über den Rhein geschafft hätten,
und jetzt, sagte er, halten sie selbst mit einer auserwählten Schar ihrer
Ritter eine Mahlzeit, möge sie ihnen schlecht bekommen?
Liudprand IV., cap. 28.