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eigenen Ruhm als um des gemeinen Besten willen begangen, die Be¬
stimmung, daß jeder Bischof, in dessen Sprengel der König
sich zur Zeit aufhalte, dafür zu sorgen habe, daß das Ge-
meinwesen keinen Schaden litte, und die Sachen, welche beim
Könige angebracht worden wären^ vorzugsweise entscheiden solle. Die
Kaiserin wollte ihrem Sohne weder nachfolgen, noch über die ihr zuge¬
fügten Beleidigungen nach dem Völkerrechte Klage führen, sondern sie zog
sich auf ihre eigenen Güter zurück und nahm sich vor, von nun an ohne
Antheil an den öffentlichen Geschäften ihr Leben zuzubringen.
In der Hauptsache führte nun Anno das Reichsregiment, aber auch die Erz-
bi>chöfe Siegfried von Mainz und Adalbert von Bremen kamen an den Hof des Königs
und machten ihren Einfluß geltend. 1062 wurde auf einer Synode zu Augsburg in
Gegenwart des jungen Königs die Angelegenheit der beiden Päpste verhandelt. Ein
königlicher Gesandter sollte nach Italien gesandt werden, um die Sache zu untersuchen,
aber er wurde angewiesen, wenn seine Untersuchungeu ergäben, daß die Wahl
Alexanders II. ohne auffällige Unregelmäßigkeiten geschehen sei, ihn nach Rom zurück-
zuführen, wo er bis zur Prüfung durch ein allgemeines Concil das Amt eines Papstes
verwalten ]otle. So wurde Cadalus aufgegeben. Seit dieser Zeit traten Anno, Adal-
bert und Otto von Northeim in enge Beziehung. Welcher Geist aber selbst in geist-
lichen Kreiden herrschte, bewies ein Rangstreit zwischen dem Bischöfe von Hildesheim
und dem Abte von Fulda, der in Goslar mit bewaffneter Hand an heiliger Stätte,
ausgefochten wurde, Pfingsten 1063.
J) Hier erhob sich an dem Tage des Festes (Weihnachten 1062,
wo eine Provinzialsynode gehalten wurde,) während zum Abendgottes-
dienste die Stühle der Bischöfe zurechtgesetzt wurden, unter den Kämmerern
Hezilo's, des Bischofs von Hildesheim, und den Kämmerern Widerad's,
des Abtes von Fulda, ein schwerer Streit, der zuerst mit Scheltworten
und dann mit den Fäusten geführt wurde; und schnell würde man auch
zu den Schwertern gegriffen haben, wenn nicht das Ansehen des Herzogs
Otto von Bayern, der sich der Sache des Abtes annahm, dazwischen ge¬
treten wäre. Die Veranlassung aber war diese. Es war Brauch im
Reiche und früher durch viele Menschenalter hindurch beobachtet, daß
immer bei den Versammlungen der Bischöfe der Abt von Fulda dem Erz-
bifchofe von Mainz am nächsten saß. Allein der Bischof berief sich darauf,
daß niemand innerhalb seines Sprengels außer dem Erzbischos ihm vor-
gezogen werden dürfe. Er gewann dazu den Much, theils durch den
Ruf des Reichthums, worin er seine Vorgänger weit übertraf, theils durch
die Gunst der Umstände, weil während der Unmündigkeit des Königs
jeder ungestraft thun konnte, was ihn nur gelüstete. Der König
4) Lambert von Hersfeld, 1063.