Full text: Lehrbuch der deutschen Geschichte für Seminare und höhere Lehranstalten

49 — 
wurde, zog Stilicho die römischen Legionen aus Britannien zurück und setzte dadurch die 
wehrlosen Britten den Angriffen der wilden und kriegerischen Picten und S co ten von 
Schottland her aus. Da rief der britische König Vor tigern die Sachsen zur Hülfe, und "s. 
im Jahre 449 führten zwei jütische Edelinge, Hengist und Horsa, Scharen von 
Sachsen, Angeln und Juten nach Britannien. Nachdem sie die Picten und 
Scoten geschlagen hatten, setzten sie sich, verstärkt durch fortwährende Nachzüge aus der 
Heimat, im Lande an der Themse (Kent) sest und drängten die sich nur wenig zur 
Wehr setzenden Britten in die gebirgige Halbinsel Wales zurück. Ein Theil der Britten 
flüchtete nach Gallien und erhielt Wohnsitze auf der Halbinsel Armorika, die von 
nun ab den Namen Bretagne erhielt. In dem nach und nach eroberten' südlichen 
Theile Britanniens entstanden sieben angelsächsische Königreiche: Kent, Sussex, Essex, 
Wessex, Ostanglia, Merkia und Deira. 
§. 16. 
Das Hunnenreich. 
In Ostrom herrschte nach dem Tode des Arcadius der Feldherr Anthemi us für 
den unmündigen Theodosius II. Später erhielt die edle Schwester des Kaisers, 
Pulcheria, die Vormundschaft. Um diese Zeit hatte das oströmische Reich von den 
Einfällen der Hunnen zu leiden. Es wird berichtet von den Hunnenführern Uldes 
und Diuas, die Constantinopel gefährlich wurden. Der bedeutendste Hunnenfürst war 
Attila (Etzel, Godegisel), der, nachdem er seinen Bruder Bleda ermordet hatte, ein 
ungeheures Reich gründete. (Hauptsitz an der oberen Theiß). 444. Er unterwarf die 
Ostgothen, Gepiden, Rugier, Scyren, Thüringer, Heruler, Turcilinger und die flavischen 
Ehazaren. — Ostrom erschreckte er durch fortwährende Raubzüge südlich der Donau und 
zwang den Kaiser zu entehrenden Verträgen. (Länderabtretung, Erhöhung des Tributs.) 
*) In dieser Zeit war Attila, der Herrscher aller Hunnen und fast 
ganz Scythiens, bei allen Völkern von großem Ansehen. Er war der Sohn 
des Mundzuk, von königlichem Geschlecht. Anfangs theilte er die Herrschaft 
mit seinem Bruder Bleda. Da er aber zu den Unternehmungen, die er 
vorhatte, einer größeren Macht bedurfte, so suchte er diese durch Bruder¬ 
mord zu erlangen. Aber diese so scheußlich erworbene Macht fand durch 
seine Grausamkeit ein trauriges Ende. — Er war dazu geboren, die ganze 
Welt in ihren Fugen erbeben zu machen und allen Landen das größte Ent- 
setzen einzuflößen, so daß vor seinem Namen schon alles erzitterte. Stolzen 
Hauptes ging er einher, seine Augen nach allen Richtungen wendend. 
Leidenschaftlich liebte er den Krieg; doch konnte er sich selbst beherrschen und 
wußte sich immer zu rathen. Die Hülfeflehenden erhörte er, und gegen 
die in sein Reich aufgenommenen Völker war er gnädig und wohlwollend. 
Er war von gedrungenem Körperbau, breiter Brust und starkem Kopfe, hatte 
kleine Augen und spärlichen Bart; kurz, er trug den ganzen Typus seines Volks. 
*) Jordanes, cap. 34, 35. 
Schumann u. Heinze. Lehrbuch. 
4
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.