Full text: Lehrbuch der deutschen Geschichte für Seminare und höhere Lehranstalten

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Einwohnern ab, nämlich Salzburg, Berchtesgaden, das Jnnviertel nebst 
einem Theile des alten Oesterreichs ob der Enns an Bayern; Westgalizien an 
das Herzogthum Warschau; einen Theil Ostgaliziens an Rußland. Krain 
und von Karnthen den Villacher Kreis, Triest, Görz, Fiume, Jstrien, das ungarische 
Küstenland und einen Theil von Croatien bis an die Save, deren Thalweg von nun 
an Oesterreichs Grenze bilden sollte, vereinigte Napoleon durch ein Decret zur „Pro- 
vinz Jllyrien." Außerdem mußte Oesterreich dem Continentalsystem unbedingt bei- 
treten und alle Verbindungen mit England abbrechen. — Derbraven Tyroler wurde 
in diesem Friedensabschluß gar nicht gedacht. Trotzdem kämpften sie aber muthig weiter 
gegen Franzosen und Bayern, bis sie endlich unterlagen. Durch Verrätherei wurde 
auch Andreas Hoser in einer Sennhütte im Passeierthale gefangen genommen, 
unter schmählichen Mishandlnngen nach Mantua abgeführt, wo er am 20. Februar 
1810 auf Napoleon's Befehl erschossen wurde. 
Glücklicher war der Freiheitsheld Friedrich Wilhelm von Braun schweig, 
Sohn des unglücklichen Herzogs, der bei Auerstädt die Todeswunde empfangen hatte. 
In feinem Fürstenthum Oels in Schlesien hatte er die Werbung eines Corps von 
2000 Mann begonnen-, dieselbe in Böhmen fortgesetzt und war dann in Verbindung 
mit einem österreichischen Corps nach Sachsen und Franken eingedrungen; der Waffen- 
stillstand vereitelte jedoch fernere Unternehmungen. Er handelte nun für sich, ging 
über Leipzig nach Halberstadt, das von seiner „schwarzen Schar" gestürmt wurde 
(30. Juli 1809), hielt dann seinen Einzug in Braunschweig, schlug sich tapfer durch 
übermächtige Feinde und schiffte am 7. August seine Mannschaft glücklich an der Weser- 
Mündung bei Elsfleth nach England ein. 
Mit dem Wiener Frieden endete der vierte Krieg, den Oesterreich seit dem Beginn 
der Revolution mit Frankreich geführt hatte. In diesem Kriege standen zum letzten 
Male alle Deutschen bei Oesterreich, und fühlte sich dieses Reich zum letzten Male in seinem 
deutschen Wesen und seiner rein deutschen Bestimmung. Seitdem lernten die Deutschen, 
außerhalb des Zusammenhangs mit Oesterreich Pläne für ihre bessere Zukunft fassen. 
Aeußerlich hatte sich Oesterreich bereits am 6. August 1806 von Deutschland losgesagt, 
als Kaiser Franz die deutsche Kaiserkrone niederlegte, der innere Bruch ward aber erst 
1809 im Wiener Frieden vollzogen. Das deutsche Volk ging von nun an seine eigene 
Bahnen; in Wien aber wurde nach Stadion's Rücktritt durch den geschmeidigen 
Metternich eine selbständige österreichische Politik eingeleitet, die zunächst es für den 
größten Vortheil erachtete, mit Frankreich im freundschaftlichen Verhältnis zu stehen. 
Da wurde es auch Napoleon, der jetzt aus der Höhe seines Glückes stand, leicht, 
eine Ehe mit einer Tochter des Kaisers Franz einzugehen, nachdem er sich von seiner 
ersten Gemahlin, Josephine, die ihm keinen Thronerben geboren, hatte scheiden laffen. 
Im April 1810 wurde die feierliche Einsegnung des neuen Bundes mit der Erzherzogin 
Marie Luise zu Paris mit vielem Pomp vollzogen. 
§. 97. 
Napoleon auf dem Gipfel seiner Macht (1810 —1812) und sein 
Zug gegen Nußland (1812). *) 
Durch den Wiener Frieden war Napoleon auf den Höhepunkt seiner Macht gestell/, 
und nun kannte feine Herrschsucht keine Grenzen mehr. Weil der Papst Pius VII. 
4) Nach Häusser, Voigt u. a.
	        
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