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war nicht erreicht. Auch dieser Durchbruch war gescheitert. Den mageren
Gewinn bezahlten sie mit einem Verlust von über 78000 Mann.
e. Die große Septemberoffensive. Noch einmal versuchte man es,
diesmal sogar mit noch gewaltigeren Mitteln und größerem Druck als jemals
zuvor. Mit größter Schärfe betonte Joffre in einem uns bekannt gewordenen
Armeebefehl, daß die Zeit zum Angriff gekommen sei, um sowohl die seit
12 Monaten bedrückten Volksgenossen zu befreien, als auch dem Feinde den
wertvollen Besitz eroberter Gebiete zu entreißen, die Neutralen zu bestimmen,
sich für Frankreich zu entscheiden und den deutschen Vormarsch gegen die
russischen Heere aufzuhalten. Man wollte darum nicht nur die ersten feind-
lichen Gräben wegnehmen, sondern ohne Ruhe, Tag und Nacht, sollte durch-
gestoßen werden durch die zweite und dritte Linie bis ins freie Gelände.
Ganz riesig waren die Vorbereitungen, die diesem Schlage vorausgingen. Nach
eigner Angabe stellten die Verbündeten 78 Infanterie- und 15 Kavallerie¬
divisionen und 5000 Geschütze, also drei Viertel der gesamten französischen und
einen sehr namhaften Teil der englischen Streitkräfte, dazu das belgische Heer,
alles in allem fast eine Million Streiter, für den Angriff bereit. Außerdem
stand an Munition zur Verfügung, was in monatelanger Arbeit die Kriegs-
Materialienfabriken der halben Welt einschließlich Amerikas nur hatten fertig
stellen können. So sicher war man aber auch des Erfolges, daß Kavallerie
versammelt war, um den Feind durch Frankreich und Belgien hindurch zu
verfolgen. Als Vorbild für die Ausführung diente Joffre der deutsche Durch-
bruch bei Tarnow und Gorlice, nur mit dem Unterschiede, daß alles noch
viel großartiger gestaltet werden sollte. Hatten die Deutschen nur vier Stunden
hindurch getrommelt, so ließen die Verbündeten vom 24. September ab 24,
50, an manchen Stellen sogar 70 Stunden hindurch aus 5000 Kanonen¬
schlünden ein nie gesehenes Feuer spielen, um die Befestigungen und Schutz-
anlagen der Deutschen zu zertrümmern und ihre Widerstandskraft völlig zu
brechen. Hatten jene eine Strecke von kaum 100 km unter Feuer gehalten,
so bedeckten sie die ganze Front vom Meer bis Belfort mit einem Hagel von
Geschossen. Das Feuer war nicht gleichmäßig verteilt. Es steigerte sich vor
allem im Artois und in der Champagne zu einer furchtbaren Wut. Es waren
dies dieselben Frontabschnitte, die schon früher angegriffen wurden, jener vor
allem im Mai, Juni und Juli, dieser im Februar und März, nur waren die
einzelnen Abschnitte nach links und rechts breiter. Dort reichte er etwa von
Apern über Armentieres und La Bassee nach Arras herunter, hier von
nördlich Reims bis zu den Argonnen. An diesen Stellen erfolgten denn auch
bis zum 30. September hin die Jnfanteriestöße, die fast überall abgewiesen
wurden. Sie scheiterten zum Teil schon in unserm Artilleriefeuer, zum Teil
brachen sie erst wenige Schritte vor unsern Hindernissen in unserm Infanterie-
und Maschinengewehrfeuer zusammen. Nur bei Loos, südwestlich von Lille,
in der Nähe der blutgetränkten Lorettohöhe, gelang es dem Feinde, eine
deutsche Division aus der ersten in die zweite Verteidigungsstellung zurück-
zudrängen. Auch in der Champagne wurde unsere Front, und zwar zu beiden
Seiten von Perthes, etwas zurückgebogen. An zwei Stellen also war die
840 km lange Front einmal in 23 km, das andere Mal in 12 km Breite
von der vordersten Linie ihres Verteidigungssystems in die zweite, die nicht