Die Reformation Luthers. 
7 
Im geheimen verpflichtete sich Franz zur Vertreibung seiner bisherigen 
Verbündeten aus Ungarn und zur Wiederherstellung der kirchlichen Einheit. 
Die Reformation Luthers. 
10. Ursachen. Auch nach den reformatorischen Konzilien von 
Kostnitz und Basel war der Ruf nach Verbesserung des kirchlichen 
Lebens oft gerade von den frömmsten und einsichtsvollsten Männern 
des Staates und der Kirche erhoben. 
An dem Hofe eines Papstes Leo X. entfaltete auf Kosten der wahren 
Gottesfurcht die auf ihrem Höhepunkte stehende Kunst ihren gröfsten Glanz. 
Das Hofwesen mancher geistlichen Fürsten, wie des Erzbischofs Albrecht 
von Mainz, entsprach nicht der Würde des Amtes. Selbst von Unsittlichkeit waren 
einige andere Kirchenfürsten nicht freizusprechen. Die meisten waren seit frühester 
Jugend von den fürstlichen Verwandten zum geistlichen Stande bestimmt. 
Die niedere Geistlichkeit erregte zum Teile diirch Unwissenheit und 
die damit verbundene Unsittlichkeit Anstofs und raubte der Religion die 
Achtung. Laut wurde Klage geführt über die Einkünfte des Papstes, welche 
in Deutschland die des Kaisers bei weitem überstiegen, und über den Reich¬ 
tum der Kirche. 
Die Humanisten deckten diese Widersprüche schonungslos auf und tra¬ 
ten der ganzen theologischen Wissenschaft feindlich entgegen (Bd. II., §. 194). 
Satirische Schriften geifselten die kirchlichen und sozialen Zustände vor dem 
Volke. Dazu kam die Aufregung dieser Zeit, bewirkt durch den Fortschritt 
auf allen Gebieten. 
Der heftigste wissenschaftlich-theologische Streit entbrannte, als Johann 
Reuchlin, der universellste Gelehrte, der beste Kenner des Griechischen und 
Begründer des Studiums der hebräischen Sprache, gegen den getauften Juden 
Pfefferkorn und die Kölner Universität für Beibehaltung der jüdischen Schriften, 
des Talmud, eintrat. Nicht wenig vermehrten auch „die Briefe der Dunkelmän¬ 
ner“ (des unruhigen und auf allgemeinen Umsturz sinnenden Ulrich von Hutten?) 
die Gährung. 
11. Das erste Auftreten Luthers. In dieser Zeit hatte Papst 
Julius II. die Absicht gehabt, an Stelle der alten Basilika von St. Peter 
eine neue Kirche für die gesamte Christenheit in der Weise des römischen 
Pantheon zu errichten, deshalb hatteLeoX. einen allgemeinenAblafs aus¬ 
geschrieben. Dessen Verbreitung wurde fast geschäftsmäfsig betrieben. 
Die Oberleitung in Deutschland übertrug der Papst dem Erzbischöfe 
von Mainz. Der tüchtige Volksredner Johann Tetzel aus dem Domini¬ 
kanerorden verkündigte denselben in der Nähe von Wittenberg. An 
der neuen dortigen Universität übte den meisten Einflufs Dr. Luther. 
Martin Luther, am 10. Nov. 1483 zu Eisleben geboren, hatte auf der Universität 
zu Erfurt sich juristischer und klassischer Studien beflissen, war dann aber, von 
Gewissenszweifeln ergriffen, Augustinermönch geworden. Die im Kloster ge¬ 
wonnene Ueberzeugung von der alleinigen Rechtfertigung des Menschen durch 
den Glauben und von der Unfreiheit des menschlichen Willens verbreitete er nach 
seiner Berufung an die Universität von der Kanzel und dem Lehrstuhle ans. 
Das Auftreten Tetzels veranlafste ihn, am Vorabende Allerheiligen 31.Oct. 
1517 an der Schlofskirche von Wittenberg 95 Thesen anzuschlagen, 1515 
in denen er schon das Wesen des Ablasses angriff. So ungewöhnlich 
war die Sprache derselben, dass sie in 14 Tagen in ganz Deutsch¬ 
land, in wenigen Wochen iu Europa bekannt waren. Nur der Papst 
beachtete 9 Monate hindurch die „Mönchszänkerei“ nicht. Der gerade
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.