Full text: Der Weltkrieg ([Erg.-H. 2])

1. Vorblick. 
Nach der Beendigung des serbischen Feldzuges fanden Unternehmungen 
großen Stiles zunächst nicht mehr statt. Ereignisse, die wichtige militärische 
Entscheidungen bringen konnten, traten vorläufig nicht ein. Es schien vielmehr 
eine längst für erledigt gehaltene Gewohnheit aus der Zeit der Kabinettskriege, 
nach der man die Truppen zu Beginn der kälteren Jahreszeit Winterquartiere 
beziehen ließ, wieder lebendig geworden zu sein. Ruhe und Stille herrschte in 
fast allen Kampfgebieten. Die Linien und Fronten blieben, wie sie sich in den 
letzten Kämpfen gesetzt hatten. 
Dennoch war es kaum eine Zeit der Ruhe und Erholung. Hüben und 
drüben rüstete man sich auf die kommenden Ereignisse und bereitete sich auf 
die großen Kämpfe vor, von denen man annahm, daß sie die Entscheidung in 
diesem gewaltigsten aller Kriege bringen müßten. Es war klar, daß sich unsere 
Gegner dabei bemühten, die Mängel ihrer Kriegsführung zu beseitigen, die 
nach ihrer Ansicht die großen Niederlagen des Vorjahres bewirkt hatten. Sie 
führten nun in erster Linie die Fehlschlage des Jahres 1915 darauf zurück, 
daß der Vorzug der inneren Linie, den die Mittelmächte für sich hatten, von 
ihnen nicht genügend ausgeglichen worden war. Infolge ihrer Lage war es 
nämlich den verbündeten Zentralmächten möglich gewesen, trotz ihrer zahlen¬ 
mäßigen Unterlegenheit doch an Stellen, die sie selbst sich ausgesucht hatten, 
mit überraschender Kraft aufzutreten und hier dem Gegner vernichtende Schläge 
beizubringen, während an den übrigen Punkten verhältnismäßig schwache, aber 
in den stärksten Stellungen stehenden Verbände ausgereicht hatten, die Front 
zu sichern und auch größere feindliche Truppenmassen in Schach zu halten. 
Sie waren dadurch nicht nur selbst frei in ihren Entschließungen geblieben, 
sondern hatten sogar dem Feinde die Richtung des Handelns vorschreiben können. 
Diesem großen Vorteil der Sage, den die Heeresleitung der Mittelmächte ganz 
vorzüglich hatte auszunutzen verstanden, glaubte der Vierverband durch eine 
gewaltige, einheitlich geleitete Kraftanstrengung am besten begegnen zu können. 
Dementsprechend beschloß man, den Gegner auf allen Fronten gleichzeitig und 
unter energischer Anwendung aller Kampfmittel anzugreifen. So ward die 
„Einheit der Front" das Schlagwort in Kriegsrat und Parlament, in Zeitungen 
uud Kundgebungen, der Trost und die Hoffnung unserer Feinde. 
Lange eifervoll vorbereitet und zu gegenseitiger Aufrichtung in prahlerischen 
Ergüssen angekündigt, mußte ihre Ausführung mit Rücksicht aus die Bereitstellung 
der Angriffskräfte und Angriffsmittel und mit Rücksicht auf die Witterung bis 
in den Hochsommer verschoben werden. Da aber kam tatsächlich so etwas zu¬ 
stande. Zum erstenmal in diesem Kriege griffen unsere Gegner auf allen
	        
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