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Fronten ziemlich zugleich an. Alle ihre Kräfte rafften sie zusammen zu gleich¬
zeitigem Anprall. Die Eisenmassen, die die halbe Welt ihnen zurichtete,
schleuderten sie tagelang wider unsere Tapferen, um ihre Willenskraft zu zer¬
reiben, und rannten dann in dichten Massen an, Weiße, Gelbe, Braune und
Schwarze. Die ganze Welt hielt den Atem an. Nie war so Ungeheures er¬
lebt. Und doch haben sie uns nicht zu überwältigen vermocht. Durch unseren
unerwarteten Vorstoß bei Verdun wurde der kühn gedachte Plan in der Ent¬
wicklung gestört, und durch die Zermürbung des französischen Heeres in dieser
Festung und die Blutopfer der Russen in der auf den französischen Hilferuf
verfrühten Märzoffensive erfolgte eine bedenkliche Zersplitterung der Kräfte
unserer Gegner. Infolgedessen war das, was sie tatsächlich durchführen konnten,
nur ein Teil ihrer ursprünglichen Angriffsabsichten. Und dieser Rest der alten
„Einheit der Front", so fürchterlich er noch immerhin war, ist vollkommen
gescheitert. Dem Feuer und Eisen, das unsere Feinde gegen unsere Reihen
schleuderten, trotzten unsere Krieger, wie nie Krieger getrotzt haben. In Frank¬
reich und Rußland, an der Etsch und am Jsonzo, auf dem Balkan und im
fernen Armenien boten sie mit der gleichen Unerschrockenheit dem Feinde die
Stirn. Alle Angriffe zerschellten an ihrem ehernen Wall. Mochten sie auch
für einige Zeit einen Teil der Freiheit des Handelns eingebüßt haben, zuletzt
erwies sich ihre Widerstandsfähigkeit doch stärker, als die Angriffskraft der
Feinde. Ja, gerade in dem Augenblick, als unsere Gegner uns durch einen
neuen Genossen den Dolch zum Todesstoß in den Rücken wollten drücken lassen,
da rissen die Unseren in überraschender Weise auch die volle Freiheit des Han¬
delns wieder an sich. Sie vernichteten durch einen wundervollen Feldzug
in kühnen, unaufhörlichen Schlägen das Heer des falschen, heimtückischen Ru¬
mänen und eroberten in wenigen Wochen fast fein ganzes Land. Somit be¬
wiesen die vier treu verbündeten Mittelmächte durch den ganzen Verlauf des
Kriegsjahres 1916, daß auch die gesamte Kraft ihrer Feinde, zu vereinigter
Wirkung gegen sie geworfen, nicht ihren Widerstand zu brechen vermochte. Um
das genauer zu erkennen, wollen wir jetzt die kriegerischen Ereignisse im ein¬
zelnen verfolgen.
2. Die Kämpfe an -er Westfront.
Nach Beendigung der großen Septemberoffensive trat, wie wir früher
(Heft I, S. 97) erkannt haben, auf der weiten Westfront vom Meere bis zur
Schweizer Grenze die verhältnismäßige Ruhe des Stellungskrieges ein, die,
abgesehen von den Kämpfen im südlichen Elsaß, monatelang anhielt. Einen neuen
Winter mit Frost und Nässe haben die Unsern zubringen müssen auf feindlichem
Boden, in den sie sich immer fester einkrallten, inmitten der Schrecknisse des
harten, entsagungsreichen Schützengrabenkrieges. Mit dem beginnenden Frühling
flammten die Kämpfe wieder auf, und sie wuchsen sich zu zwei Schlachthandlungen
aus, die, was die Zahl der Kämpfenden, die Menge der aufgewendeten Kampfmittel,
die zeitliche Dauer, den Ingrimm und die Wut des Kampfes und die Zahl
der Opfer anbetrifft, alles überragten, was bis dahin nicht nur in diesem Kriege,
sondern überhaupt in der Kriegsweltgeschichte an Schrecklichem und Fürchter¬
lichem geschehen war. Die eine, die Schlacht bei Verdun, war für die Unseren
eine Angriffsschlacht; die andere, die Sommefchlacht, wurde von ihnen in der
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