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c) Die Fabrikanten mußten, um Abnehmer zu erhalten, möglichst billige Preise der
Waren stellen. Das war nur möglich, wenn man den Arbeitslohn möglichst
tief herabsetzte und die billigsten Arbeitskräfte, Kinder und Frauen, in immer
steigendem Maße heranzog.
d) Daraus entwickelten sich traurige Verhältnisse im Stande der Fabrikarbeiter. Sie
zu bessern, wurde Aufgabe der Fabrikgesetzgebung (Arbeiterschutz-Gesetzgebung).
5. Die Fabrikgesetzgebung.
Vom Allgemeinen Landrecht abgesehen beginnt in Preußen eine besondere Fabrik-
gesetzgebung 1839 und setzt sich fort durch die Zeit des Norddeutschen Bundes und des
Deutschen Reiches. Sie wendet sich zunächst den jugendlichen Fabrikarbeitern zu und
setzt fest 1. von welchem Lebensalter an Kinder zur Fabrikarbeit benutzt werden
dürfen, 2. wie viel Stunden täglich dies geschehen darf und 3. verbietet ihre Nacht-,
Sonntags- und Festtagsarbeit ganz. — Das Arbeiterschutzgesetz von 1891 regelt
1. die allgemeinen Verhältnisse der gewerblichen Arbeiter, 2. die Verhältnisse der Ge-
seilen und Gehilfen, 3. der Lehrlinge, 4. der Betriebsbeamten, Werkmeister und Techniker,
5. der Fabrikarbeiter. Es enthält eingehende Schutzbestimmungen für Kinder, jugend-
liche Arbeiter und weibliche Arbeiter, ebenso für Sonntagsarbeit. Kein anderer
Staat hat ein ähnliches arbeiterfreundliches Gesetz.
B. Die Verdienste des Hohenzollernhauses auf
sozialpolitischem Gebiete.
I. Wesen. Die sozialpolitischen Reformen der Hohenzollern weisen folgende
Züge auf:
1. Sie geschahen nach ihrem freien Entschlüsse, zwar durch die Zeitverhältnisse
veranlaßt, aber nicht durch Bolksgewalt gezwungen.
2. Sie geschahen
a) zum Besten der Niedern Stände;
b) unter Opfern der bevorzugten Stände, doch ohne sie zu vernichten (wie die
Sozialdemokratie will);
c) also im Interesse der Staatswohlfahrt.
3. Sie geschahen rechtzeitig und wahrten so den Frieden der Gesellschaft und
des Staates.
4. Sie schlössen sich an das historisch Gewordene und strebten nur das Mög-
liche an (geschahen also nicht nach abstrakten Lehrmeinungen und Grundsätzen).
II. Übersicht in historischer Folge.
1. Kurfürst Friedrich I. schützt durch Bändigung des Raubadels die Bürger
und Bauern gegen ungesetzliche Gewalt.
2. Kurfürst Friedrich II. beugt die Patrizier der Städte unter die Fürsten-
macht zum Besten der niederen Bürger.
3. Joachim I.
a) Er unterdrückt den letzten Rest des Raubadels.
b) Er setzt das Kammergericht als oberstes Berufungsgericht für die Standes-
gerichte ein und sichert dadurch das Recht der Bürger und Bauern gegenüber
dem Adel.