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Deutschland und Frankreich, fiel nun ziemlich genau zusammen
mit der Sprachgrenze zwischen Germanisch und Romanisch.
Im West fränkischen Reiche Karls des Kahlen war das Königtum
ohnmächtig gegenüber der Macht der großen Vasallen, die bei der Aus-
breitung des Lehnswesens die Freiheit des gemeinen Mannes unterdrückt
hatten und sich auch vielfach auf Kosten der Kirche bereicherten. Während
so die königliche Macht auf ein immer kleineres Gebiet beschränkt wurde,
bildeten sich größere Territorialgewalten aus, die nach Unabhängigkeit
strebten. So rissen sich unter Karls des Kahlen Nachfolgern im Jahre 879
Niederburgund unter dem Grafen Boso und im Jahre 888 Hoch¬
burgund unter dem Grafen Rudolf ganz vom Reiche los.
2. Äußere Feinde des Reiches. Als solche traten zur Zeit der
Karolinger auf: die Normannen, die Slawen und die Magyaren (fpr.
Maddjaren).
a) Die Normannen kamen aus Skandinavien und den dänischen
Inseln und wurden durch Übervölkerung zur Auswanderung gezwungen.
Sie waren erfahrene Seeleute und gefürchtete Seeräuber. Auf ihren
Fahrten nach Süden plünderten und verwüsteten sie die deutschen und
fränzöfifchen Küsten und fuhren fogar auf den Flüssen tief in das Land
hinein. Später hörten diese Fahrten auf, und sie wurden seßhaft. Sie
gründeten folgende Reiche: 1. Island 860. Hier entwickelte sich eine
hohe Kultur, von der die ältere und die jüngere Edda zeugen. Von hier
aus kolonisierten sie Grönland und „Winland", d. i. die Ostküste von
Nordamerika. Sie haben also um das Jahr 1000 Amerika zuerst entdeckt.
Doch war das zu Kolumbus Zeiten völlig vergessen. 2. Rußland durch
Gründung von Nowgorod um 900. 3. Normandie 912. 4. Unter¬
italien und Sizilien 1050. 5. England 1066.
b) Von den Slawen wurden zwei Stämme dem Reiche gefährlich:
1. Die Mähren, die damals ein mächtiges Reich bildeten. 2. Die Wenden,
die zwischen Oder, Elbe und Saale wohnten und nach Westen vordrangen,
um neue Wohnsitze zu erwerben.
c) Die Magyaren oder Ungarn waren ein sinnisch-mongolisches Rei-
tervolk, in ihrem Wesen und Leben den Hunnen ähnlich und daher früher
oft fälschlich Hunnen genannt. Sie hatten die Avaren an der Donau
und Theiß vernichtet und verheerten jahrelang Italien, Deutschland und
Frankreich. Erst gegen 1000 n. Chr. wurden sie in Ungarn seßhaft und
nahmen das Christentum an.
3. Die letzten Karolinger in Oftfranken. Das kräftigste der karo-
lingifchen Reiche war das ostfränkische (deutsche) Ludwigs des Deutschen