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Otto III. 983—1002. 1. Nach dem plötzlichen Tode Ottos II. er-
hob sich sogleich ein heftiger Streit um die Vormundschaft über den drei-
jährigen König Otto. Heinrich der Zänker bemächtigte sich des Knaben
und der Reichsregierung, mußte sich aber der königstreuen Partei, an deren
Spitze der Erzbischof Willigis von Mainz stand, fügen und den jungen
Königssohn der Kaiserinwitwe Theophano ausliefern und geloben, ihr die
Vormundschaft fernerhin nicht streitig zu machen. Dafür erhielt er das
Herzogtum Bayern zurück.
2. Otto wuchs nun auf unter der Leitung der Mutter Theophano und der
Großmutter Adelheid und empfing eine tüchtige Bildung durch den gelehrten
Bischof Gerbert von Rheims und den kunstsinnigen und kunstgeübten Bischof
Bernward von Hildesheim. Wegen seiner Kenntnisse wurde er von den
Zeitgenossen angestaunt, von den Späteren als ein Wunder der Welt gepriesen.
Mit seiner Vorliebe für die klassische Bildung der Griechen und Römer verband
er in religiöser Beziehung eine streng kirchliche, ja asketische Richtung, die um
das Jahr 1000, da man das Ende der Welt erwartete, mehrfach hervortrat.
3. Im Jahre 995 wurde Otto mündig. Erfüllt mit unklaren,
phantastischen Ideen und allem deutschen Wesen fremd, wollte er von
Rom aus in der Weise der byzantinischen Kaiser das Abendland beherrschen
und in Gemeinschaft mit dem Papste das Gottesreich auf Erden verwirk-
lichen. Er ernannte zum Papste seinen Verwandten Bruno von Kärnten
(Gregor V.), von dem er 996 die Kaiserkrone erhielt, und nach dessen Tode
den gelehrten Gerbert, seinen einstigen Lehrer (Sylvester II.), der seine
phantastischen Pläne aufs eifrigste unterstützte. Aber über seinen Welt-
Herrschaftsplänen vernachlässigte er das deutsche Reich. Zum Nachteile
Deutschlands gewährte er den Polen unter Boleslaw und den Ungarn
unter Stephan dem Heiligen staatliche und kirchliche Selbständigkeit und
suchte die deutsche Kirche ganz abhängig vom Papsttum zu machen. Ge-
legentlich einer Wallfahrt nach Gnesen zum Grabe seines Freundes, des
mit der Märtyrerkrone geschmückten Preußenapostels Adalbert, erhob
er Gnesen zum Erzbistum und unterstellte diesem die Bistümer Kolberg,
Krakau und Breslau. Seine Bestrebungen riefen wiederholt Aufstände in
Rom und eine Verschwörung in Deutschland hervor, vor deren Ausbruch
der Kaiser in Italien starb. Seine Getreuen, unter ihnen Bern ward von
Hildesheim, geleisteten unter steten Gefechten gegen die Römer, die den
Leichenzug verfolgten, den toten Kaiser über die Alpen nach Aachen, wo
seine Gebeine feierlich beigefetzt wurden.
Heinrich II. 1002—1024. Dreimal war der Sohn dem Vater ge-
folgt, und die deutsche Krone schien erblich zu werden. Da aber Otto III.
Heinze-Rosenburg, Die Geschichte. II. 2. Aufl. 6