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Quelle. Die Darstellung, welche Chlodwig, der Begründer des
Frankenreiches, findet, ist weniger eine geschichtliche als eine sagen-
hafte zu nennen.
Die besonderen Vorgänge bezüglich der Bekehrung Chlodwigs
werden bei Gregor in den Kapiteln 29—31 des II. Buches vor¬
geführt^ Die Darstellung ist diese: Die Gemahlin Chlodwigs,
Hrotechildis, welche sich zum katholischen Glauben bekennt, bemüht
sich, den König zum Christentum zu bekehren. Ihre Bemühungen
erfahren zunächst schroffe Abweisung. „Euer Gott vermag nichts,
erwiderte Chlodwig, und was noch mehr sagen will, es ist erwiesen,
daß er nicht einmal vom Stamme der Götter ist." Die Königin
erwirkt es jedoch durch ihre Vorstellungen, daß der Sohn, welcher
ihnen geboren worden, getauft wird. Doch der Knabe Jngömer
stirbt, während er noch mit den weißen Taufgewändern bekleidet ist.
Chlodwig empfindet den Tod des Sohnes als eine rächende Strafe
seiner alten Götter. „Wäre er im Namen meiner Götter geweiht
worden, so lebte er noch," lautet sein Ausruf. Die Königin indes
läßt nicht nach mit ihren Bitten und Vorstellungen. Auch der
zweitgeborene Sohn Chlodomer darf getauft werden. Dieser erkrankt
bald nachher bis auf den Tod. Auf das inbrünstige Gebet der
Mutter gesundet er indes, und Chlodwig erkennt die Macht des
Christengottes. Nun zieht er im Jahre 496 zum Streite gegen die
Alamannen. Als in dem Entscheidungskampfe der Sieg sich den
Feinden zuneigt, gelobt König Chlodwig Christ zu werden, wenn
der Christengott ihm den Sieg verleiht. Die Feinde werden ge¬
schlagen und unterworfen. Chlodwig kehrt siegreich nach Hause.
Bischof Remigius unternimmt es auf Bitten der Königin, den König
zu bekehren. Chlodwig läßt sich taufen.
_ Der Stoff ist auf die drei Kapitel so verteilt, daß das
Kapitel 29 die Vorgänge vor der Alamannenschlacht schildert, das
Kapitel 30 den Kriegszug gegen die Alamannen, das Kapitel 31
die Bekehrung Chlodwigs durch Remigius und seine Taufe.
Nun stellen sich Schwierigkeiten ein. Der Chlodwig des 31. Ka¬
pitels weiß nicht, daß der Chlodwig des 30. Kapitels in feierlichster
Weise das Gelübde gethan hat, Christ zu werden. Auch dem Bischof
Remigius ist nach der Darstellung des 31. Kapitels von diesem Ge-
lübde des Königs nichts bekannt; er muß es noch unternehmen, den
König von der Allgewalt des Christengottes zu überzeugen; er muß
ihm noch zusprechen, von den alten Göttern abzulassen und an den
Christengott zu glauben.
Nach Kapitel 30 hat Chlodwig im Angesicht des Frankenheeres
die Verpflichtung übernommen, Christ zu werden. Nach Kapitel 30