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gelangte. Symbole der Götter waren Tiere: Stier, Kuh, Widder,
Schakal, Katze, Krokodil, Ibis, Sperber u. a. Diese Tiere waren eine
Verkörperung des Gottes, in ihnen erscheint ein kleines Stück seiner Gött-
lichkeit. So wird Horus bald als Mensch, bald als Sperber dargestellt,
und oft sogar erscheinen beide Formen verschmolzen, ein Menschenleib mit
Sperberkops oder ein Menschenhaupt aus einem Tierleib. (Fig. 2.) Der
Stier war dem Ptah und Ra geweiht, die Kuh der Isis und Hathor, der
Widder dem Ammon-Ra, der Schakal dem Anübis, die Katze der Bast, das
Krokodil dem Typhon, der Ibis dem Gott Thot, der beim Totengericht die
guten und bösen Thaten der Abgeschiedenen auszeichnet. Alle diese Tiere nahmen
an der ihren Gottheiten gezollten Verehrung teil, und je angesehener der
Gott war, desto höher stieg das Ansehen des ihm geweihten Tieres. In
und neben den Tempeln wurden die geheiligten Tiere mit der größten
Sorgsalt gehegt und gepflegt und es wurde ihnen große Ehrfurcht erwiesen.
Nicht bloß, daß ihre absichtliche Tötung bei Todesstrafe verboten war; wenn
sie starben, veranstaltete man feierliche Trauer- und Totenfeste; die Leichen
aller für heilig gehaltenen Tiere wurden auf besonderen Leichenseldern be-
stattet, viele auch einbalsamiert und beigesetzt. Besonderes Ansehen genoß
der heilige Stier Apis, der neben dem Tempel des Ptah in Memphis
in einem prachtvollen Hose gehalten wurde. Er stand als Sinnbild der
Sonne in ihrer erzeugenden Kraft in solcher Verehrung, daß bei seinem
Tode das ganze Land so lange trauerte, bis die Priester einen neuen
gefunden hatten, der die bestimmten Kennzeichen an sich trug, woraus dann
ein siebentägiges Freudenfest mit Umzügen und Schmausereien das glück¬
liche Ereignis verkündigte. Er war von schwarzer Farbe mit einem weißen
Fleck auf der Stinte, zwiefachen Haaren im Schweife und einem Gewächs
unter der Zunge, das die Gestalt des heiligen Käfers Skarabäus haben
sollte. In Unterägypten, in der Sonnenstadt, die die Hebräer On, die
Griechen Heliopolis nannten, stand ein hochverehrtes uraltes Heiligtum des
Gottes Ra. Hier erschien nach der Sage der Ägypter alle fünfhundert
Jahre, von Morgen kommend, der Wundervogel Phönix, der sich in wohl-
duftendem Weihrauch verbrannte, um wieder verjüngt ans der Asche zu
erstehen und am dritten Tage in seine östliche Heimat zurückzukehren.
Dieser heilige Vogel Bennu, auf den Denkmalen ein Reiher von statt-
lichem Gefieder, gehörte zum Dienst des Ra, und die Sage von seinem
Erscheinen und Gehen bedeutet eine Zeitperiode von 500 Jahren, die sich
ewig aus sich selbst erneut.
Schon frühzeitig hatte die Tiersymbolik in der ägyptischen Religion
Eingang gesunden. Je mehr aber die Priester bemüht waren, den tieferen