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jener das viele Geld nicht sehen möchte, das er Lei sich hatte, und
suchte einige Stücke hervor; plötzlich aber schlug der Bettler ihn
mit einem knotigen Stocke so heftig auf den Kopf, daß er betäubt
zu Boden stürzte. Sogleich fiel der Thäter über ihn her, um ihm
das Geld abzunehmen. Allein, des Schlachters beiden Hunde er¬
griffen ihn wüthend und schleppten ihn, schrecklich zugerichtet, in
einen nahen Sumpf. Sodann kehrten sic zu ihrem Herrn zurück
und beleckten ihm das Gesicht so lange, bis er ans der Ohnmacht
erwachte. Nachdem er völlig wieder zu sich gekommen war, sein
Geld noch vorfand und seinen- Weg fortsetzen wollte, hörte er in
der Nähe ein ängstliches Wimmern. Er ging dem Blute nach und
sah, daß seine Hunde sich wieder mit jenem Elenden herumzerrten.
Sogleich sprang Schnell in beit Sumpf, jagte die Hunde fort imb
zog den übel zugerichteten Thäter auf das Trockene, und nun erst
fragte er ihn um jene mörderische That. Die äußerste Noth — so
antwortete ihm dieser — trieb mich zu dieser Handlung. Der Mit¬
leidigen giebt es wenige und meistens werde ich mit Spott und
Verachtung zurückgewiesen. — Der Schlachter antwortete ihm: Ich
könnte dich mit Recht dem Gerichte als einen Mörder überliefern,
ich will es aber nicht thun. Da, nimm das für deine Wunden,
welche dir meine Hunde gemacht haben, und gehe deines Weges. —
Mit diesen Worten gab Schnell seinem Mörder einige Thaler und
verließ ihn mit dem' edlen Bewußtsein, feurige Kohlen auf sein
Haupt gesammelt zu haben.
34. Wir sollen unsre Eltern nicht verachten, noch erzürnen.
Es ist recht und wohl gesagt von weisen Leuten: Gott, den
Eltern und den Lehrern kann man nimmer genugsam danken und
vergelten. Leider wird aber gar oft erfüllt das gemeine Sprich¬
wort: ein Vater kann leichter 6 Kinder ernähren, als (> Kinder
einen Vater. Man sagt ein Exempel von einem Vater, der über¬
gab seinen Kindern alle seine Güter, Hans, Hof, Accker und alle
Bereitschaft, versah sich dessen zu seinen Kindern, sie würden ihn
ernähren. Da er nun bei seinem ältesten Sohne eine Zeitlang
war, wurde der Sohn sein überdrüssig ititb sprach: Vater, mir ist
diese Nacht ein Knäblein geboren, und wo jetzt euer Armstnhl ist,
soll seine Wiege stehen; wollt ihr nicht zu meinem Bruder ziehen,
der eine größere Stube hat? — Da er nun eine Zeit lang bei
dem andern Sohne gewesen war, wurde er auch sein müde und
sprach: Vater, er hat gern eine warme Stube und mir thut der
Kopf davon weh; will er nicht zu meinem Bruder gehen, der ein
Bäcker ist? — Der Vater ging, und da er nun eine Zeit lang bei
dem dritten Sohne gewesen war, wurde er auch diesem zur Last,
daß er sprach: Vater, bei mir geht cs ein und aus, wie in einem
Taubcnschlage, und du kannst dein Mittagsschläfchen nicht machen;
willst du nicht zu meiner Schwester Käthe, die wohnt an der Stadt¬
mauer? Der Alte merkte, wie viel eö geschlagen hatte und sprach