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Hier verlebte er seine schönste Zeit, teils der Arbeit, teils dem Verkehr mit
Freunden gewidmet. Er sprach und schrieb meist französisch. Die deutsche
Sprache achtete er nicht; er hat sie nie richtig sprechen und schreiben
lernen.
2. Sein Ende. Friedrich hat nie ein Familienleben geführt. Von
seiner Gemahlin lebte er getrennt; Kinder besaß er nicht. Seine Freunde
und Feldherren, mit denen er verkehrte, gingen einer nach dem andern vor
ihm ins Grab. So wurde sein Leben immer einsamer und freudloser.
Die schweren Anstrengungen der Kriege und seine rastlose Friedensarbeit
hatten seinen Körper früh geschwächt und für Krankheit empfänglich gemacht.
Besonders plagte ihn die Gicht; schließlich kam die Wassersucht hinzu.
Aber bis zum letzten Tage vor seinem Tode vollzog er alle Regierungs-
Handlungen. Am 17. August 1786 starb Friedrich der Große. In
der Garnisonkirche zu Potsdam liegt er begraben. — Wohin die Kunde
seines Todes kam, erschütterte sie die Herzen. Sein größter Feind, Fürst
Kaunitz in Wien, sprach: „Wann wird wieder ein so großer König das
Szepter führen!" und ein schwäbischer Bauer rief aus: „Wer wird nun
die Welt regieren!"
Friedrich übernahm bei seinem Regierungsantritte ein Land von
2200 Quadratmeilen mit 21/2 Millionen Einwohnern; er hinterließ eins
von 3500 Quadratmeilen mit 6 Millionen Einwohnern. Er hatte
800 Ortschasten neu angelegt; die Staatseinnahmen hatten sich verdreifacht.
Der Staatsschatz enthielt 160 Millionen Mark. Das Heer hatte er von
83000 aus 200000 Mann gebracht.
Die Sedeuwng Friedrichs des Großen.
I. Kür Preutzen. 1. Er hat Preußen zur e u r o p
erhoben, indem er sein Heer zum kriegstüchtigsten in Europa ausbildete. — 2. Er
hat Preuks»'Hedeutend veraröindem er zwei neue Provinzen erwarb, näm-
lich Schlesien und Westpreußen. — 3. Er hat dem Staate eine vorbildlicke
waltunfl.. gegeben, indem er das Beamtenwesen und das Geldwesen weiter der-
vollkommnete. — 4. Er schuf eine einzigartige OTpifitapfifpfte, indem er vor allem
den Grundsatz zur Geltung brachte, daß vor dem Gesetze kein Standes- und Ver-
mögensunterschied gilt.
II. Für Deutschland. Er hat den Länderbestand Deutschlands gesichert
a) gegen Frankreich, Rußland und Schweden im siebenjährigen Kriege, b) gegen
Österreich durch den bayrischen Erbfolgekrieg und die Gründung des deutschen
Fürstenbundes. — 2. Er hat durch seine Siege über das Ausland, besonders über
Frankreich a) dem deutschen Volke das Selbstbewußtsein wieder erweckt, das es
im dreißigjährigen Kriege verloren hatte; b) er hat dadurch die deutschen Geister
aufgeregt und zur Entwicklung der deutschen Dichtkunst den Anstoß gegeben.
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