- 178 -
der gebildeten und verständigen Männer ist in allen Klassen der Einwohner in den
alten Provinzen des preußischen Staates so groß, daß es an geschäftsfähigen, mit
praktischen Kenntnissen ausgerüsteten Männern, die mit Erfolg dem ihnen an¬
gewiesenen Geschäftskreis vorstehen werden, nicht fehlen kann .....
2. Quelle: Das politische Testament des Freiherrn vom Stein. 18081).
Fundort: G. H. Pertz a. a. O. Bd. 2. S. 309—312.
Umstände, deren Darstellung es nicht bedarf, forderten meinen Austritt aus
den: Dienste des Staates, für den ich lebe und für den ich leben werde.
In den äußeren Verhältnissen herrscht die Notwendigkeit so stark und mächtig,
daß die Stimme eines Individuums darin wenig vermag. In der Verwaltung des
Innern setzte ich mein Ziel. Es kam darauf an, die Disharmonie, die im Volke
stattfindet, aufzuheben, den Kampf der Stände unter sich, der uns unglücklich
machte, zu vernichten, gesetzlich die Möglichkeit aufzustellen, daß jeder im Volke
seine Kräfte frei in moralischer Richtung entwickeln könne, und auf solche Weise
das Volk zu nötigen, König und Vaterland dergestalt zu lieben, daß es Gut und
Leben ihnen gern zum Opfer bringe.
Mit ihrem Beistande, meine Herren, ist vieles bereits geschehen. Der letzte
Rest der Sklaverei, die Erbuntertänigkeit, ist vernichtet, und der unerschütter-
liehe Pfeiler jedes Throns, der Wille freier Menschen, ist gegründet.
Das unbeschränkte Recht zum Erwerb des Grundeigentums ist proklamiert. Dem
Volke ist die Befugnis, seine ersten Lebensbedürfnisse sich selbst zu bereiten,
wiedergegeben. Die Städte sind mündig erklärt, und andere minder wichtige
Bande, die nur einzelnen nützen und dadurch die Vaterlandsliebe lähmten, sind
gelöst. Wird das, was bis jetzt geschah, mit Festigkeit aufrecht erhalten, so find
nur wenige Hauptschritte noch übrig. Ich nehme mir die Freiheit, sie Ihnen
einzeln aufzuzählen, nicht um Ihre Handlungen dadurch zu leiten — denn Ihre
Einsicht und Ihr Patriotismus bedürfen keiner Leitung — sondern um Ihnen
zur Beurteilung meiner Handlungen und Absichten einen Maßstab zu geben.
1. Regierung kann nur von der höchsten Gewalt ausgehen. Sobald das Recht,
die Handlungen eines Mituntertans zu bestimmen und zu leiten, mit einem Grund-
stücke ererbt oder erkauft werden kann, verliert die höchste Gewalt ihre Würde,
und im gekränkten Untertan wird die Anhänglichkeit an den Staat geschwächt.
Nur der König sei Herr, insofern diese Benennung die Polizeigewalt bezeichnet,
und sein Recht übe nur der aus, dem er es jedesmal überträgt
2. Der, der Recht sprechen soll, hänge nur von der höchsten Gewalt ab.
Wenn diese einen Untertanen nötigt, da Recht zu suchen, wo der Richter vom
Gegner abhängt, dann schwächt sie selbst den Glauben an ein unerschütterliches
Recht, zerstört die Meinung von ihrer hohen Würde und den Sinn für ihre un-
verletzbare Heiligkeit. Die Aufhebung der Patrimonial-Jurisdiktion ist bereits ein-
geleitet.
3. Die Erbuntertänigkeit ist vernichtet. Es bestehen aber noch in einigen
Gegenden Gesindeordnungen, welche die Freiheit des Volkes lähmen... Es bedarf
meiner Einsicht nach keiner neuen Gesindeordnungen, sondern nur der Aufhebung
der vorhandenen. Das, was das allgemeine Landrecht über das Gesindewesen fest-
setzt, scheint mir durchaus zureichend.
x) Diese Denkschrift hat-Stein aus Anlaß seines Ausscheidens aus dem preußischen
Staatsdienste am 24. Nov. 1808 für die obersten Beamten verfaßt.