Full text: Deutsche Geschichte bis 1648 (Teil 1)

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wenn ihm jemand etwas zu leide tut, so werde ich ihm nach bestem Wissen und 
Gewissen mit allen Kräften beistehen. 
So wahr mir Gott helfe und dies heilige Evangelium. 
49. 
Heinrich IV. wird von seinem Sohn verraten. 
1105. 
Quelle: Das Leben Heinrichs IV. (Lateinisch)^). 10. 
Übersetzung: Ph. Jaffe und SB. Wattenbach, Das Leben Kaiser Heinrichs IV. 4. Aufl. von Eberhard. 
Leipzig 1910. (Gesch. d. b. B. 2. Ausg. Bd. 50.) S. 32—34. 
10. Das Glück, das ihm lächelte, rasch zu benutzen^), verkündete der Sohn auf 
Weihnachten einen Reichstag in Mainz, lud die Fürsten ein und sammelte viele 
um sich, damit allen kund würde, daß er der Dinge Herr sein wolle. Auch der 
Kaiser entschloß sich, mit seinen Getreuen auf diesem Reichstag zu erscheinen, mit 
der Absicht, darüber Prozeß zu erheben, ob ihm recht oder unrecht geschehen sei. 
Auf diese Nachricht fürchteten seine Gegner Gefahr für sich und ihre Sache, wenn 
er, von seinem Heerhaufen wie von seinem guten Recht geschützt, sich einfände, 
und gaben dem König den argen Rat, mit der Miene eines überaus Reuemütigen 
dem Vater entgegenzueilen, sich schuldig zu bekennen und um Gnade zu bitten; er 
möchte sagen, er beklage es, bösen Ratschlägen gefolgt zu sein, er sei zu jeglicher 
Genugtuung bereit, sobald er nur zu Gnaden aufgenommen würde, und fände 
er so Gelegenheit zur Tat, so möge er sie üben, wenn nicht, so könnte das 
trügerisch Versprochene wie ein treu Gemeintes, die angenommene Haltung wie 
eine wahrhaftige festgehalten werden. Als er, mit solchen Künsten ausgerüstet, 
zum Vater gelangt war3), fiel dieser, den Worten und Tränen seines Sohnes 
gern vertrauend, ihm um den Hals, weinte, küßte ihn und war freudenvoll, wie 
jener Vater im Evangelium, daß der Sohn, der gestorben war, wieder aufgelebt, 
daß der Verlorene wiedergefunden sei. . . Wie mit erheuchelter Reue, so über-- 
listete er den Vater nun auch durch seine Vorschläge. Er riet, wie man es ihm 
eingegeben hatte: sie sollten das große Gefolge entlassen und dann beide mit 
mäßiger Begleitung sich zum Reichstage begeben; kein Mensch werde ihm ent-- 
gegentreten, da sie sich ja ausgesöhnt hätten; zögen sie mit solchen Streitmassett 
auf, so würde alles verwüstet werden. Der Vorschlag — wohl vortrefflich, wäre 
er nicht voll Trug gewesen — hatte des Vaters Beifall. Das Gefolge ward ent- 
lassen, und mit nur dreihundert Mann zog er in Begleitung seines Sohnes weiter 
zum Reichstag. Sie erreichten einen nächtlichen Ruheort4). Da war der Sohn 
ganz Hingebung für seinen Vater. Da erfreute die ganze Nacht der Vater sich 
*) Die kleine, in die Form eines Sendschreibens an einen Freund gekleidete Schrift 
ist mehr die rührende Totenklage des unbekannten Verfassers um den eben verschiedenen 
Kaiser, als eine geschichtliche Erzählung. Ausgezeichnet durch eine schöne Form und eine 
kunstvolle Darstellung wie kaum ein Werk des Mttelalters, ist das Büchlein auch dadurch 
bemerkenswert, daß sein Verfasser zu den wenigen zeitgenössischen Geschichtschreibern gehört, 
die treu auf der Seite des viel angefeindeten Fürsten stehen. 
2) Der Kaiser war am Regen von seinem Heere treulos verlassen worden (1105). 
3) Vater und Sohn trafen sich in Koblenz. 
4)_2)er Ruheort war Bingen.
	        
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