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und noch wird von ihm gesungen bei den barbarischen Stämmen, von ihm, der
unbekannt den Jahrbüchern der Griechen, die nur Griechisches zu bewundem
wissen, auch bei uns Römern nicht' nach Gebühr gefeiert ist, die wir, das
Alte preisend, um Neues unbekümmert sind.
IL
Aus der Zeit der großen Völkerwanderung.
8.
Alarichs Tod.
410.
Quelle: Jordanis, Über den Ursprung und die Taten der Goten
(Lateinisch)^). III, 31 (nach alter Zählung) oder 156—158 (nach Mommsen).
Übersetzung ^ Martens, Jordanis'Gotengeschichte. Z.Auflage. Stip$ig 1913-
(Gesch. d. d. B. 2. Ausg. Bd. 5.) S. 52 und 53.
156 Endlich rückten die Goten in Rom ein und plünderten es auf Befehl
Alarichs; sie legten jedoch nicht, wie wilde Völker gewöhnlich tun, Feuer an und
duldeten nicht, daß die heiligen Orte irgendwie venmehrt wurden. Dann zogen
fie fort durch Kompanien und Lukanien, das fie gleichfalls plünderten, und kamen
zu den Bruttiern. Hier faßen fie lange und dachten daran, nach Sizilien und von
dort in die afrikanischen Länder hinüberzugehen 157, die dem Alarich eine
Ruhmstätte bieten sollten. Mehrere seiner Schisse aber — nichts ist ja freigestellt,
was der Arensch ohne Gottes Willen beschlossen hat — verschlang jenes furchtbare
Meer; die meisten verschlug es. Wäljrend Alarich, durch dieses Unglück nieder-
geschlagen, darüber nachdachte, was zu tun sei, wurde er plötzlich von einem frühen
Tode dahingerafft und schied von dieser Welt. 158. Ihn betrauerten die Seinen,
die ihn sehr geliebt hatten. Sie leiteten den Fluß Basentus bei der Stadt Kon-
sentia aus seinem Bette — dieser Fluß strömt nämlich mit heilbringendem Ge-
wässer vom Fuße des Berges an der Stadt vorbei — und mitten im Bette des-
selben ließen sie durch eine Schar Gefangener ein Grab graben und versenkten
in seinen Schoß den Alarich mit vielen Schätzen; dann leiteten sie die Wogen
wieder in ihr altes Bett, und damit von keinem je der Ort gesunden wurde,
töteten sie alle, welche mitgegraben hatten. Die Herrschaft über die Westgoten
übertrugen sie dem Atawulf, einem Blutsverwandten von ihm, von schöner Gestalt
und hohem Geist.
l) Der Gote Jordanis ist der älteste germanische Geschichtschreiber, dessen Werke uns
erhalten find. Er war ein Mann von hoher Geburt, der wie sein Vater das Amt eines
Notars am ostgotifchen Königshofe bekleidete. Unser Quellenwerk, das als Auszug einer
verloren gegangenen Gotengeschichte des wissenschaftlich hochstehenden Senators und
gotischen Ministers Kassiodor entstanden ist, verfolgt die Geschichte der Goten von der
sagenumwebten Urzeit bis zum Jahre 550. Für die dunkle Zeit der Völkerwanderung und
die Regierung Theoderichs ist das Werk von unschätzbarem Wert.