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diese Zumutung zurück, und als der französische Botschafter fortfuhr, den
König in zudringlicher Weise zu belästigen, sagte dieser zu seinem Adju-
tanten: „Sagen Sie dem Herrn, daß ich ihm nichts weiter mitzuteilen
hätte, und daß er das Weitere von meinem Ministerium erwarten müßte."
Das geschah zu Ems am 13. Juli. Jetzt hatte Frankreich den so lange
gesuchten Vorwand zum Kriege mit Preußen.
Deutschlands Rüstung. Die Nachricht von den Vorgängen in Ems, die
mannhafte Zurückweisung französischer Unverschämtheit durch König Wilhelm
brachten aber überall in Deutschland eine tiefgehende Bewegung hervor. Eine
solche freche Herausforderung wurde in allen Kreisen des deutschen Volkes mit
heiligem Zorne und sittlicher Entrüstung aufgenommen. Frankreich hatte
den Krieg gewollt, Deutschland verweigerte ihn nicht. In Frank-
reich hatte man gehofft, durch Versprechungen und Vorspiegelungen den
deutschen Süden vom Norden abzuziehen, aber die Fürsten Süddeutsch-
lands zögerten nicht, in dieser gemeinschaftlichen Sache Deutschlands ihr
Zusammengehen mit Preußen und dem Norddeutschen Bunde auf Grund
der Schutz- und Trutzbündnisse von 1866 zu erklären. Nachdem in der
Nacht vom 15. bis 16. Juli König Wilhelm, der am 15. unter unerme߬
lichem Jubel seines Volkes von Ems nach Berlin zurückgekehrt war, den
Befehl zur Mobilmachung des norddeutschen Bundesheeres gegeben
hatte, wurde noch in derselben Nacht die Mobilmachung im Großherzog-
tum Baden befohlen. Am 16. erfolgte die Mobilmachung in Bayern,
am 17. in Württemberg. Am 19. Juli wurde die französische Kriegs-
erklärung in Berlin übergeben; an demselben Tage, dem Todestage seiner
Mutter Luise, erneuerte König Wilhelm den Orden des eisernen Kreuzes.1)
Hohe Begeisterung zog durch die Gaue Deutschlands, das deutsche Volk
erhob sich zum deutschen Nationalkrieg; alle waren bereit, Gut und
Blut für die Ehre des Vaterlandes zu opfern. Schon 11 Tage nach er¬
folgter Kriegserklärung war der größte Teil der deutschen Streitmacht
mobil gemacht, 5—600000 Mann standen in einer langen Frontstellung
zwischen Trier und Landau, um alsbald die französische Grenze zum An-
griff zu überschreiten. Sie waren in drei Armeen abgeteilt: die I. oder
Nordarmee (Rheinländer und Westfalen) unter General Steinmetz von
Koblenz nach der Saar; II. oder Rheinarmee (Gardekorps, Branden-
burger, Hannoveraner, Sachsen:c.) unter dem Prinzen Friedrich Karl
von Mainz nach der Saar; die III. oder Südarmee (Bayern, Württem-
x) Thronrede Wilhelms I. an den Reichstag des Norddeutschen Bundes am
19. Juli 1870.