Full text: Deutsche Geschichte bis 1648 (Teil 1)

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als den Anstifter bezeichneten, ihn aber nicht ausliefern konnten, weil er 
wieder zu den Dänen sich begeben hatte, so ließ der König von den übrigen, 
die des Verführers Rate gefolgt waren, sich 4500 ausliefern, und diese 
ließ er zu Ferdi (Verden an ber Aller) alle an einem Tage enthaupten. 
Nachdem er so Rache genommen hatte, begab sich ber König in bas Winter- 
lager nach Theodonisvilla (Diebenhofen), wo er bie Geburt bes Herrn unb 
bas Osterfest in gewohnter Weise festlich beging. 
19. Kart unterwirft das Langoöardenreich. 
Der Mönch von St. Gallen und die Chronik des Klosters Novalese. 
Die Schriften Einhards werden ergänzt durch die sagenhaften und volkstümlichen Er- 
Zählungen des dem Namen nach unbekannten Mönches von St. Gallen, der sein Buch 
im Auftrage Karls des Dicken um das Jahr 880 schrieb. — Die Chronik des Klosters 
Novalese enthält die schönen Sagen, die das sagenreiche Volk der Langobarden vor 
seinem Untergange aufzuweisen hat. Das Kloster Novalese lag unweit Susa, am Fuße 
des Mont Cenis. Der Verfasser der Chronik war ein Mönch, der sie in der ersten 
Hälfte des 11. Jahrhunderts abfaßte. Die Quelle, aus der er schöpfte, waren die zahl- 
reichen Lieder, die das Volk sang. 
Uber die Einnahme Pavias (773) durch Karl erzählt ein Mönch von St. Gallen 
folgende im Frankenlande entstandene Sage: 
Nun beschloß ber König Desiberius, ba er hinter ben Mauern von 
Pavia sich sicher fühlte, einen Aufstaub gegen ben uubesieglicheu Karl zu 
beginnen. Sobald Karl hiervon hörte, zog er eilenbs herbei. Es hatte 
sich aber ereignet, baß einige Jahre zuvor einer seiner angesehensten Fürsten, 
Otker mit Namen, den Zorn bes furchtbaren Kaisers erregt hatte unb des- 
halb zu Desiberius geflohen war. Als nun bie Kunde von der nahen An- 
fünft des furchtbaren Karl gebracht werben war, stiegen Desiberius unb 
Otker auf einen Hochragenben Dürrn, von bem aus man weit unb breit bie 
Heranziehenben erblicken tonnte. Da nun ber Troß erschien, ber rüstiger 
war als bie Heere bes Darius ober Julius Cäsar, sprach Desiberius zu 
Otker: „Ist Karl vielleicht in biesem großen Heere?" Aber jener gab zur 
Antwort: „Noch nicht." Darauf sah er bas Heer der Völker, gesammelt 
aus bem gewaltigen Reiche, ba wendete er sich zuversichtlich an Otker: 
„Wahrscheinlich ist Karl unter biesem Kriegsvolke?" Es erwiberte Otker: 
„Noch nicht unb auch jetzt noch nicht." Da begann jener zu beben und 
sprach: „Was sollen wir tun, wenn noch mehr mit ihm kommen?" Otker 
aber sagte: „Du wirst sehen, wie er kommt. Was jeboch mit uns geschieht, 
ich weiß es nicht." Unb siehe ba, währenb sie noch sprachen, erscheint sein 
Hausgesinde, bas nie untätige. Wie Desiberius es bemerkt, ruft er voll 
Furcht aus: „Da ist Karl." Doch Otker entgegnete: „Noch ist er es nicht 
unb immer noch nicht." Hierauf erblickte man bie Bischöfe, bie Äbte und 
Geistlichen, bie Kapläne mit ihren Begleitern. Da stieß stammelnd der 
Fürst, jetzt schon des Lichtes Feind und nach dem Tobe verlangenb, die 
Worte hervor: „Laß uns hinabsteigen unb uns unter ber Erde verbergen 
gegen die Wut eines so entsetzlichen Feindes!" Doch es erwiderte ihm voll 
Bangen Otker, der einst die Kriegsrüftung des unvergleichlichen Karl kennen 
gelernt und in besserer Zeit mit ihr bekannt gewesen war: „Wenn du 
stehst, daß das Gefilde von einer eisernen Saat starrt und der Po und 
Ticinus mit den von Eisen dunklen Meereswogen gegen die Mauern heran- 
strömen, bann kannst du die Ankunft Karls erwarten!"
	        
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