Full text: Das Mittelalter und die neue Zeit bis 1648 (Teil 2)

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ihrem Bruder zu Ehren gefeiert wurde, ist die Maifeier mit Maiwagen 
und Mairitt, bei dem der blumengeschmückte Maigraf (Donar) die bekränzte 
Maigräfin (Ostara) begleitet. Die Osterfeuer, die vornehmlich in nord- 
deutschen Landen angezündet werden, bedeuten die Scheiterhaufen des vom 
Frühling besiegten und getöteten Winterriesen. 
Des Donnerers Gemahlin ist die goldhaarige Sippia, die Göttin der 
Früchte, insonderheit des Getreidefeldes. Ihr Name, der sich bis auf unsere 
Tage in den Ausdrücken Sippe und Sippschaft erhalten hat, bedeutet 
Freundschaft, Verwandtschaft. Sie galt bei den Germanen als die Mutter 
der Genossenschaften und Stammesverbindungen. Auch sie stand, gleich 
ihrem Gemahl, der Witterung vor, auch ihr war die Eiche heilig; geopfert 
wurden ihr Blumen und Früchte. 
Zill (Tyr). Er ist der Sohn Wodans, der Schwertgott. Wodan und 
Ziu (bei den Sachsen Saxnot) lenken Schlacht und Krieg. Während aber 
Wodan sich darauf beschränkt, den Speer über das feindliche Heer zu 
werfen und es also dem Untergang zu weihen, stürmt Ziu jauchzend einher 
und schreckt und verwirrt die Feinde. Wodan ist der hehre, Ziu der 
fürchterliche Kriegsgott und Wodans ausführende Hand. Sein Zeichen ist 
das männerwürgende Schwert, man pries ihn in schauerlichen Schlachtliedern, 
und ihm galten die gefahrvollen Schwerttänze. Von den Schlachtliedern 
berichtet Tacitus: „Die Germauen haben eine Art von Kriegsgesängen, 
durch deren Vortrag, Bardit genannt, sie sich zum Kampfe begeistern, und 
deren Klang für den Ausgang der bevorstehenden Schlacht als Vorbedeutung 
gilt. Denn je nachdem der Gesang durch die Schlachtreihe braust, flößt 
er dem Feinde Schrecken ein oder erfüllt sie selbst mit Zagen. Es scheint, 
als ob er ihnen nicht sowohl den Ausdruck menschlicher Stimmen als den 
kriegerischer Kraft bedeute. Vor allem streben sie nach rauher Wildheit 
des Tones und dumpf grollendem Wiederhall. Deshalb halten sie den 
Schild vor den Mund, damit die Stimme, an der Wölbung sich brechend, 
voller und stärker zurückhalle." Von den Schwerttänzen vermeldet er: 
„Sie haben nur eine Art Schauspiele, bei allen Zusammenkünften dieselbe: 
Jünglinge, denen das Spiel Freude macht, tanzen nackt zwischen Schwertern 
und drohenden Frameen — die Übung bewirkt ein kunstvolles Spiel, das 
kunstvolle Spiel Anmut —; doch nicht um Gewinn oder um Lohn, der 
Preis des verwegenen Mutwillens ist der Zuschauer Vergnügen." 
Ziu hat dem Dienstag den Namen gegeben, nordisch Tysdag, ale- 
mannisch Ziestag, bayrisch Ertag, Erchtag. Vielleicht ist auch der Name 
der Eresburg auf Ziu zurückzuführen. 
Fro. Fro oder Freyr ist der frohe, frohmachende und beseligende
	        
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