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ihrem Bruder zu Ehren gefeiert wurde, ist die Maifeier mit Maiwagen
und Mairitt, bei dem der blumengeschmückte Maigraf (Donar) die bekränzte
Maigräfin (Ostara) begleitet. Die Osterfeuer, die vornehmlich in nord-
deutschen Landen angezündet werden, bedeuten die Scheiterhaufen des vom
Frühling besiegten und getöteten Winterriesen.
Des Donnerers Gemahlin ist die goldhaarige Sippia, die Göttin der
Früchte, insonderheit des Getreidefeldes. Ihr Name, der sich bis auf unsere
Tage in den Ausdrücken Sippe und Sippschaft erhalten hat, bedeutet
Freundschaft, Verwandtschaft. Sie galt bei den Germanen als die Mutter
der Genossenschaften und Stammesverbindungen. Auch sie stand, gleich
ihrem Gemahl, der Witterung vor, auch ihr war die Eiche heilig; geopfert
wurden ihr Blumen und Früchte.
Zill (Tyr). Er ist der Sohn Wodans, der Schwertgott. Wodan und
Ziu (bei den Sachsen Saxnot) lenken Schlacht und Krieg. Während aber
Wodan sich darauf beschränkt, den Speer über das feindliche Heer zu
werfen und es also dem Untergang zu weihen, stürmt Ziu jauchzend einher
und schreckt und verwirrt die Feinde. Wodan ist der hehre, Ziu der
fürchterliche Kriegsgott und Wodans ausführende Hand. Sein Zeichen ist
das männerwürgende Schwert, man pries ihn in schauerlichen Schlachtliedern,
und ihm galten die gefahrvollen Schwerttänze. Von den Schlachtliedern
berichtet Tacitus: „Die Germauen haben eine Art von Kriegsgesängen,
durch deren Vortrag, Bardit genannt, sie sich zum Kampfe begeistern, und
deren Klang für den Ausgang der bevorstehenden Schlacht als Vorbedeutung
gilt. Denn je nachdem der Gesang durch die Schlachtreihe braust, flößt
er dem Feinde Schrecken ein oder erfüllt sie selbst mit Zagen. Es scheint,
als ob er ihnen nicht sowohl den Ausdruck menschlicher Stimmen als den
kriegerischer Kraft bedeute. Vor allem streben sie nach rauher Wildheit
des Tones und dumpf grollendem Wiederhall. Deshalb halten sie den
Schild vor den Mund, damit die Stimme, an der Wölbung sich brechend,
voller und stärker zurückhalle." Von den Schwerttänzen vermeldet er:
„Sie haben nur eine Art Schauspiele, bei allen Zusammenkünften dieselbe:
Jünglinge, denen das Spiel Freude macht, tanzen nackt zwischen Schwertern
und drohenden Frameen — die Übung bewirkt ein kunstvolles Spiel, das
kunstvolle Spiel Anmut —; doch nicht um Gewinn oder um Lohn, der
Preis des verwegenen Mutwillens ist der Zuschauer Vergnügen."
Ziu hat dem Dienstag den Namen gegeben, nordisch Tysdag, ale-
mannisch Ziestag, bayrisch Ertag, Erchtag. Vielleicht ist auch der Name
der Eresburg auf Ziu zurückzuführen.
Fro. Fro oder Freyr ist der frohe, frohmachende und beseligende