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und erst nach langen Verhandlungen kam es zu dem Konkordat (Vertrag)
zu Worms (1122), durch das vorläufig der Jnvestitnrstreit beigelegt 112s
wurde. Die Befugnisse des Kaisers und der Kirche wurden fortan ge¬
schieden. Der Kaiser verzichtete auf das Ernennungsrecht der Bischöfe,
die durch die Domkapitel in Gegenwart des Kaisers oder eines kaiserlichen
Abgesandten kanonisch gewählt wurden. Dem Gewählten verlieh der Kaiser
die weltliche Regierungsgewalt und die Güter des Sprengels durch das
Seepter, sodann der Papst oder sein Vertreter die geistliche Gewalt durch
Ring und Stab. In Italien und Burgund ging die Investitur durch den
Papst der durch den Kaiser voraus. Hatte auch der über Heinrich IV.
errungene Sieg zur Vermehrung des päpstlichen Ansehens beigetragen, so
blieb doch das Lehns- und Abhängigkeitsverhältnis der deutschen Geistlich-
feit im wesentlichen unverändert, und der Sieg war am Ende mehr auf
der Seite des Kaisers als des Papstes. Auf der anderen Seite hatte aber
auch die Kirche eine vom Staate unabhängigere Stellung erlangt, da die
geistlichen Stellen durch kanonische Wahlen besetzt werden sollten.
Kaiser Heinrich V. und die Reichsfürsten. Mehr als im Kampfe
mit dem Papst verlor Heinrich durch die Eigenmächtigkeit namentlich der
sächsischen Fürsten, die sich gegen die erstarkte königliche Macht er-
hoben. In Sachsen war im Jahre 1106 der letzte Billunger, Herzog
Magnus, gestorben und hatte sein reiches Erbgut seinen Töchtern Wulfhilde
und Eilika hinterlassen. Wulfhilde war die Gemahlin des Welfen Heinrich
des Schwarzen von Bayern und erbte Lüneburg und das umliegende Ge-
biet, und Eilika, die an den Grafen Otto den Reichen von Ballenstädt
vermählt war, brachte ihrem Gemahl die in Ostsachsen und Thüringen
zerstreuten Billuugschen Güter zu. Lothar von Süpplingenburg, ein
entfernter Verwandter des herzoglichen Hauses, war mit dem Herzogtum
Sachsen belehnt worden und rief nun in Norddeutschland einen förmlichen
Bund gegen den Kaiser ins Leben. Am sogenannten Welsesholze (nord-
östlich von Mansfeld) erlitt das kaiserliche Heer (1115) eine vollständige
Niederlage. Aber des Kaisers Neffen, die beiden Hohenstaufen Friedrich
und Konrad, die Söhne des Herzogs Friedrich von Schwaben, blieben ihm
in seinem Unglück treu zur Seite und wichen an Macht feinem Gegner.
Friedrich hatte das Herzogtum Schwaben vom Vater geerbt, und Konrad
hatte von dem Kaiser die herzogliche Gewalt in Franken erhalten. Der
Streit mit den Fürsten rief den Kaiser wiederholt zu den Waffen, bis
endlich auf beiden Seiten das Verlangen nach Herstellung fester Ordnung
den Reichsfrieden von Würzburg im Jahre 1121 zu stände brachte,
für dessen Bewahrung sich Kaiser und Fürsten verbürgten. Diesem Reichs-