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Ägypten war in dieser Zeit das reichste und blühendste Land der
Erde; da ist es erklärlich, daß in den benachbarten Stämmen die Begierde
sich regte, sich der Schätze des Landes zu bemächtigen. Um 2100 vor Chr.
drangen aus Kanaan tapfere semitische Beduinenstämme, die „Hirtenkönige"
oder Hyksos ein, die Memphis eroberten und eine 500 Jahre währende
Fremdherrschaft begründeten. Die einheimischen Könige mußten sich nach
dem Süden zurückziehen.
Das neue Reich. Die Befreiung von dem Joche der Hyksos ging
von Theben aus. Nach langen Kämpfen gelang es dem Könige Amosis,
um 1650 die Herrschaft der Hirtenkönige abzuschütteln und sie aus Ägypten
zu verjagen. Theben blieb nun die Hauptstadt in der folgenden glor-
reichen Zeit, in der Ägypten seine höchste Blüte und Machtentwickelung
nach außen erreichte. Die berühmtesten Pharaonen dieser Zeit sind Sethos I.
1350 und sein großer Sohn Ramses ll. (1350.) Beide führten Thaten aus,
die sich Jahrhunderte lang im Gedächtnis des Volkes erhielten und durch
zahlreiche Bildwerke auf den Tempelwänden der Nachwelt überliefert wurden.
Als die Griechen davon erfuhren, übertrugen sie alles, was die Überlieferung
von Vater und Sohn meldete, auf eine einzige sagenhafte Persönlichkeit,
die sie Sesostris nannten. Sethos und Ramses unternahmen glückliche
Feldzüge über das Land Nnbien hinaus nach Süden gegen die Äthiopier
und nach Nordosten bis zum Euphrat, wodurch die Assyrer der ägyptischen
Herrschaft unterworfen wurden. Der Glanz kriegerischer Großthaten des
Ramses-Sesostris wurde aber durch den Ruhm seiner Bauten, die er in
Theben aufführen ließ und deren prachtvolle Überreste noch heute in Staunen
setzen, übertroffen. In der Geschichte Israels wird Ramses der Große
der Pharao der Bedrückung genannt, der die Juden durch harte Fron¬
arbeit zu vernichten trachtete. Sein Sohn Menephta I. ist der Pharao
des Auszugs, unter dem Mose das Volk Israel aus Ägypten führte (1320).
Der Untergang des Pharaonenreiches. Nicht lange nach dem
Tode des großen Ramses hörte Ägypten auf, außerhalb seiner Grenzen
von Bedeutung zu sein, da um diese Zeit Assyrien seine Macht in ganz
Vorderasien ausbreitete. Ägypten kehrte von seiner Höhe zu einem stillen
abgeschlossenen Leben innerhalb des Nilthals zurück. Es verfließt eine
Zeit von mehr als fünfhundert Jahren, in der von kriegerischen Unter-
nehmungen der Ägypter wenig oder gar nichts gemeldet wird. Da wurde
das Volk unkriegerisch, und es vermochte nicht mehr die Äthiopier, die
so oft die schwere Hand der Pharaonen empfunden hatten, abzuwehren.
Sie fielen um 750 unter ihrem Fürsten Säbako in Ägypten ein und be-
herrschten es, bis um 670 ihre Herrschaft von den Affyrern unter Afsar-