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hatte vom Papst gefordert, Prag zur Metropole der slawischen Völker zu
weihen; zugleich hatte er ihm sein Land als Lehen angeboten, wenn er ihm
die Königskrone verleihen wolle. Der Papst hatte sich aber geweigert, den
Wünschen des hochstrebenden Böhmenherzogs nachzukommen, und nun
rüstete König Heinrich zum Kampf gegen den eidbrüchigen Vasallen, der
den Tribut verweigerte. Durch drei Feldzüge erreichte es Heinrich, daß
im Jahre 1042 Bretislaw Gehorsam und Treue gelobte. Bretislaw wurde
ein treuer Anhänger König Heinrichs und unterstützte ihn wirksam in
allen späteren Kämpfen, b) Noch in demselben Jahre, in dem er Bretislaw
bezwungen hatte, unternahm König Heinrich einen Kriegszug nach Ungarn,
wo Thronstreitigkeiten ausgebrochen waren. Heinrich schützte den König
Peter, den Schwestersohn Stephans des Heiligen, gegen den von den
Ungarn aufgestellten Gegenkönig Aba und erreichte es, daß der König
Peter das ungarische Reich für ein Lehen der deutschen Krone erklären
mußte. Auch der folgende König von Ungarn, Andreas I., wurde zur
Zahlung eines jährlichen Tributs genötigt; dennoch dauerte dieses Ab-
hängigkeitsverhältnis nur kurze Zeit.
So erreichte unter ihm das deutsche Reich seine größte Ausdehnung. Es
gehörten dazu:
1. Drei Königreiche: Italien, Burgund, Ungarn;
2. sieben deutsche Herzogtümer: Sachsen, Franken, Schwaben, Bayern, Kärnthen,
Ober- und Niederlothringen:
3. zwei slawische Herzogtümer: Polen und Böhmen.
2. Der Gottesfriede. Die vielen Fehden der großen und kleinen
Herren, unter denen vor allem die große Masse des Volkes schwer zu
leiden hatte, führten zunächst in Frankreich unter dem Einfluß der Clunia-
censer (S. 86) dazu, daß im Jahre 1041 der Gottesfriede (die treuga
Dei) verkündet wurde, wonach von Mittwoch Abend bis Montag früh, also
an den durch das Leiden, Sterben und Auferstehen des Heilandes ge¬
heiligten Tagen, alle Waffen ruhen, die Zuwiderhandelnden eine Pilger-
fahrt nach Jerusalem machen sollten oder dem Kirchenbann verfielen. Die
Einrichtung dieses Gottesfriedens gewann durch die Cluniacenser bald in
ganz Frankreich Eingang, wo das unbändige Waffenleben des Adels allein
durch den Einfluß des Klerus völlig in Schranken gehalten wurde.
Heinrich III., der durch seine Gemahlin Agnes von Poitiers für die Reform-
bestrebung der Cluniacenser gewonnen war, führte zwar den Gottesfrieden
nicht förmlich ein, gebot aber im Jahre 1044, daß jedermann diesseits
und jenseits der Alpen Friede bewahren und sich aller Fehden enthalten
sollte. Mit eiserner Strenge trat er den Friedensbrechern im Reiche
entgegen.