Full text: Geschichte des Altertums (Teil 1)

70 B. Griechische Geschichte. 
den Knaben mit glühender Begeisterung für die Heldengestalten der 
Vorzeit, wie sie Homer verherrlicht; Alexander führte die Jlias beständig 
bei sich, nachts barg er sie unter dem Kopfkissen. Wie Achilles, den 
seine Mutter ihren Ahnherrn nannte, wollte auch er sich unvergänglichen 
Heldenruhm erringen. Aufs tiefste ergriff ihn der Freiheitskampf der 
Griechen gegen die Perser, und die Lehre des Aristoteles, daß die 
Hellenen zu Herrschern über die Barbaren berufen seien, zeitigte in 
seiner stolzen Seele Pläne zu künftigen Großtaten. Früh wurde er in 
die Regierungsgeschäfte eingeführt; während fein Vater außer Landes 
weilte, verwaltete er das Reich. Bei Chäronea führte er den linken 
Flügel und entschied die Schlacht. So reifte er rasch zum Herrscher 
heran; er ward in den Werken des Friedens ebenso Meister wie in 
denen des Krieges. Mit großer Treue hing er an seinen Freunden, 
gütig begegnete er dem besiegten Feinde. Zuweilen riß ihn aber sein 
Jähzorn zu schlimmer, unüberlegter Tat hin. Doch der Übereilung folgte 
stets die bitterste Reue. 
Sicherung des Die Griechen jubelten laut auf, als die Nachricht von dem Tode 
Erbes. Philipps ihr Land durcheilte. Bald aber stand Alexander mit einem 
Heere südlich vom Thermopylen-Eingang, worauf sie auch ihn zum Ober- 
feldherrn ernannten. Während nun Alexander die Grenzvölker bis zur 
Donau lyid zum Adriatifchen Meere unter seine Botmäßigkeit brachte, 
entstand das Gerücht, er sei in einem der Gefechte gefallen. Eine ge- 
waltige Gärung ergriff die griechischen Staaten; „der Freiheit alte und 
schöne Namen" bezauberten die Gemüter. Theben erhob sich. Aber in 
Eilmärschen rückte der König vor die Stadt, erstürmte sie nach tapferer 
Gegenwehr und ließ sie vom Erdboden vertilgen. Was nicht dem maze¬ 
donischen Schwerte erlegen war, wurde in die Sklaverei verkauft. Er- 
schreckt durch das furchtbare Strafgericht beugte sich ganz Griechenland 
unter Alexanders Gebot. 
Der Vergeltungs- 2. Die Eroberung des Perserreiches. Im Frühjahr 334 ging 
We9' Alexander mit 35000 Mann und 160 Schiffen zum Angriff wider 
Persien vor. Er gab die Losung aus, daß er als hellenischer Bundes- 
seldherr in den Krieg ziehe, um an den Persern Rache zu nehmen und 
die kleinasiatischen Griechen zu befreien. So konnte er über die Streit- 
kräfte der Griechen verfügen und zugleich verhindern, daß die hellenischen 
Staaten sich mit dem Perserkönige verbanden und sich gegen die maze¬ 
donische Herrschaft erhoben. Doch stellte er nur eine verhältnismäßig 
kleine Schar von Bundestruppen in fein Heer ein, teils weil sie die maze- 
donische Kampfweise nicht kannten, teils weil er ihnen noch nicht traute; 
auch verwendete er sie ausschließlich zur Besetzung eroberter Städte. Er 
setzte über die Straße der Dardanellen, opferte am Grabe Achills und 
hielt die Richtung auf das Flüßchen Granlkus ein, auf dessen steilem 
Ostufer die persischen Statthalter mit 20000 Reitern und ebensoviel
	        
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