Full text: Deutsche Geschichte (Teil 2)

12 Das Mittelalter. 
auf das Gut eines römischen Besitzers gewiesen. Er erhielt zwei Drittel 
davon zu eigner Bewirtschaftung. Die Hauptmasse der Goten blieb in 
Gallien. In Spanien hatten sich die Alanen, Sweben und Wandalen 
niedergelassen. Über die Wandalen herrschte damals Geiserich, ein 
Mann „von mittlerer Größe, infolge eines Sturzes vom Pferde hinkend, 
von tiefen Gedanken und wenig Worten, ein Verächter der Üppigkeit, 
jähzornig, habgierig, sehr darauf bedacht, die Völker zu entzweien, stets 
bereit, den Samen der Zwietracht auszustreuen und unter den Völkern 
Haß zu erregen". Er gewöhnte sein Volk auf das Meer hinauszusteuern. 
Im Jahre 429 führte er es hinüber in das fruchtbare Afrika, wo er 
Karthago eroberte und ein neues Reich ausrichtete. In der Umgebung 
der Hauptstadt siedelten sich die Wandalen in geschlossener Masse an; 
die römischen Besitzer wurden aus diesem Teile vertrieben, wenn man 
sie nicht tötete oder verknechtete. Der „Seekönig" Geiserich war der 
Schrecken der Völker; er plünderte mit seiner Flotte alle erreichbaren 
Küsten und Inseln des Mittelmeeres. Im Jahre 455 erschien er an 
der Tibermündung, eroberte Rom und führte reiche Beute hinweg. 
Während so die Germanen an der Zertrümmerung des Römerreichs 
arbeiteten, brach über sie wie über ihre Gegner ein neuer Huunensturm 
herein, der die Gesittung des ganzen europäischen Westens bedrohte. Die 
Huuuen hatten bisher in kleinen Teilreichen gelebt. Seit 445 gebot 
Amla. Attila als Alleinherrscher über sie. Sie waren schon einmal weit nach 
Westen vorgedrungen und hatten das Burgunderreich um Worms 
zerstören Helsen.1) Attila galt als ein Mann, der „zur Erschütterung 
der Völker in die Welt gekommen sei". „Er schritt stolz einher, richtete 
seine Augen nach allen Seiten, so daß die Macht dieses hochfahrenden 
Mannes auch aus der Bewegung des Körpers hervorleuchtete. Er liebte 
den Krieg, zügelte aber selbst seinen Arm; er war im Rate der Tüchtigste, 
schenkte Bittflehenden Gehör und zeigte sich gnädig gegen jeden, den er 
in seinen Schutz aufgenommen hatte. Er war ein kleiner Mann mit 
breiter Brust, etwas großem Kopfe, kleinen Augen, platter Nase, häßlicher 
Farbe, dünnem Barte". Für sich selbst sehr einfach — so benutzte er 
gewöhnlich nur Holzgeschirr — umgab er sich gern mit einem großen, 
prächtigen Gefolge. Sein hunnischer Name ist unbekannt; die Ostgoten 
nannten ihn „Väterchen" (= Attila)2). — Von Geiserich aufgefordert, mit 
ihm Westrom zu erobern, ging er unter großen Verheerungen über den 
Rhein nach Gallien. Viele germanische Hilfsvölker zogen mit ihm. 
Gegenüber der furchtbaren Gefahr scharten sich die Römer und Germanen 
Galliens zusammen, und auf den katalaunischen Feldern (in der Gegend 
von Troyes) rang ihr vereinigtes Heer unter Aetius mit Attila um 
1) Der Sage nach fielen in diesen Kämpfen König Gundehar und seine beiden 
Brüder. Die Erinnerung daran lebt im Nibelungenliede fort. 
2) Er ist der „Etzel" der deutschen Heldensage.
	        
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