fullscreen: Lehrbuch der Geographie für die mittleren und oberen Klassen höherer Bildungsanstalten sowie zum Selbststudium

§. 112. Oberflächengestalt und Bewässerung des Landes. 409 
bie größte Sumpflanbschaft bes mittleren Europa, 60 Meilen lang unb 
30 Meilen breit, von Osten nach Westen vom Pripetz burchströmt, 
ber sich in ben bie Ostgrenze der Lanbschaft bilbenben Dnjepr ergießt. 
Der zur Weichsel gehende Bug ist kaum burch eine Wasserscheibe vom 
Pripetz getrennt. 2m Frühjahr gleicht bas Lanb einem großen Binnen¬ 
see, aus bem sich bichte Urwälber mit Inseln zu erheben scheinen. Der 
Walb von Bialowicz (an ben Quellen ber Narew) mit einem Um¬ 
fange von 25 Meilen ist ber einzige Ort Europas, wo sich ber Auer¬ 
ochs (B. rn-us) erhalten hat, bas Jagdrevier ber früheren polnischen Könige. 
Das flache Rußland liefert im Gegensatz zum Ural bis jetzt nur 
wenig nutzbare Mineralien. Doch haben die Gesteine ber Kohlen¬ 
formation eine weite Verbreitung, indem ein langes Band berselben ben 
Westabhang bes Ural begleitet, eine zweite Masse bas Becken von Mos¬ 
kau in Norbwesten, Westen und Südwesten umgibt, unb ein britter 
schmalerer Streifen ans ber Gegenb bes Onegasees bis nach Archangel 
reicht. Besonbers in ber Nähe von Moskau (Rjäsan unb Tula) 
nimmt aber bie Ausbeutung ber Kohlenlager von Jahr zu Jahr zu, 
unb bamit bie Entwickelung ber russischen Jnbustrie, bie schon früher 
in biesem Bezirk ihren Hauptsitz hatte. In Galizien breitet sich am 
Fuß der Karpathen ans ber Gegenüber Weichselquelle bis in bic Mol¬ 
dau ein ungeheueres Steinsalzlager aus. Es wirb besonbers in Wie- 
liczfa unb Bochnia ausgebeutet. Am ersten Orte bilben bie gro߬ 
artigen Werke wahrhaft eine unterirbische Stabt. Die ©efamnttlcinge 
aller Stollen beträgt 86 Meilen. Die österreichische Regierung führt 
große Massen des hier gewonnenen Salzes nach Rußtanb aus, wo es 
nur in ungenügenber Menge gewonnen wirb. Neuerbings hat man 
in Galizien auch Lager von Kalisalzen (Kaluß) unb viele Petroleum- 
quellen gesunden. 
^Bewässerung. Das große Tieflanb ist reich an schiffbaren 
Strömen, bie schon als Tieflandsströme nur ein geringes Gefälle haben 
sönnen. Dadurch aber, baß ihr Lauf durchweg eine bedeutende Ent¬ 
wickelung zu vielen Windungen besitzt — bei der Wolga z. B. verhält 
sich der Abstand der Duelle von ber Münbung zur ©efammtlänge des 
Flusses, wie 1:2 —, wirb bas Gefälle noch mehr venninbert, und 
die Schiffbarkeit erhöht. Dazu kommt bie geringe Höhe ber trennenden 
Wasserscheuen, so baß bie einzelnen Flußsysteme leicht mit einander in Ver¬ 
bindung gesetzt werden konnten. Außer England und Frankreich besitzt 
kein Land Europas ein so entwickeltes Eanalsystein als Rußland, unb 
noch fortwährend wird ein dessen Erweiterung gearbeitet. Darum ist 
auch der Binnenhandel Rußlands von so großer Bedeutung unb viel 
früher erwacht als ber Hanbel mit bem Auslanbe. — Ins nördliche 
Eismeer ergießen sich die Petfchora und die Dwina, als deren 
^uellström die aus bem Kubenskyschen See schiffbar hervorströmende 
touchona angesehen wird. Der bedeutendste Nebenfluß ist die Wüt- 
fchegba. Den Namen Dwina erhält der Flnß da, wo er den Nord- 
™nVlr 2aübSe ^Nässend bei Ustji.g Welikij sich im rechten 
Winkel biegend steh zum eigentlichen Tieslande wendet. Der Katha-
	        
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