Full text: Geschichte der Neuzeit von 1786 bis 1900 (Teil 6)

§ 18. Die Zeit der Reaktion. 71 
überzeugt, daß seine gerechte Regierung dem Volke gebe, wessen es bedürfe, 
ließ alles beim alten. Man verminderte allerdings, wie es nach der 
Einbuße an Land nicht anders möglich war, die Zahl der Beamten, ver- 
einigte die Stände der bei Sachsen verbliebenen Reste der Stifter Naumburg 
und Merseburg sowie der Oberlausitz mit dem erbländischen Landtage, obwohl 
die Oberlausitz ihren Provinziallandtag behielt, ging an die Tilgung der 
durch den Krieg entstandenen Schulden und führte die allgemeine Wehrpflicht 
ein, doch mit der Einschränkung, daß den bemittelten Klassen die Möglichkeit 
des Loskaufs blieb. An die bestehende Verfassung, die ein wunderliches 
Gemisch alter und neuer Formen darstellte, rührte man aber nicht. Die 
von den Städten ausgehenden Reformvorschläge lehnte man einfach ab. 
Nicht einmal der bescheidene Wunsch der Stände, daß die Regierung eine 
Übersicht über den Staatshaushalt vorlege, ward erfüllt, und selbst das ganz 
harmlose Verlangen, daß man die Landtagsverhandlungen durch den Druck 
veröffentliche, verwarf der König. 
Aber eine Reform war dringend nötig. Die Regierung kam immer Notwendigkeit 
mehr in die Hände einiger weniger. Das Geheime Kabinett, welcheemer e om 
Behörde August der Starke wegen seiner oft langandauernden Abwesenheit 
eingesetzt hatte, damit sie in seinem Namen wichtige Regierungsgeschäfte er- 
ledige, riß jetzt den Hauptteil der Staatsgewalt an sich. Es sollte sich ur- 
sprünglich nur mit auswärtigen Angelegenheiten und dem Heerwesen befassen, 
griff aber allmählich auch in die innere Verwaltung ein. Das „Geheime 
Konsilium", jetzt wieder der „Geheime Rat" genannt (vgl. V, 49), 
mußte ihm feine wichtigsten Befugnisse abtreten und verlor damit sein* 
Stellung als vornehmste Landesbehörde. Die Finanzen standen immer noch 
unter doppelter Verwaltung (V, 49); beständig gab es Reibungen zwischen 
dem Obersteuerkollegium und dem Geheimen Finanzkonsilium 
Wie die Regierung war auch der Landtag einer Reform bedürftig. Handel 
und Gewerbfleiß hatten, obwohl auf ihnen die Bedeutung des Landes be- 
ruhte, im Landtage nur ganz ungenügende Vertretung Hier herrschte noch 
wie nach den Zeiten des Dreißigjährigen Krieges der Adel. Die erste -Kune 
umfaßte, seit das Land geteilt war. nur noch dm Köpfe. Etwa dret Vier^l 
der Rittergutsbesitzer durften nicht im Landtage erscheinen, da sie nicht ach 
Ahnen nachweisen konnten. Die Vertreter der Städte wurden von den 
Stadträten allein ernannt, die Bauernschaft vollends sah sich vom Landtage 
«g ausgeschlossen. In den Stadträten aber kam ^ der Wille wemger 
sRatmiersamilien zum Ausdruck; denn leite ergänzten sich selbst. Die Rate 
von Leipzig und Dresden hatten das Vorrecht, jede Rechenschaft über ihre 
Verwaltung zu verweigern. Ritterschaft und Städte waren gleichmäßig 
Am ES. arÄr 
Fronarbeiten. Friedrich August der Gerechte. Seine 
Redlichkeit lein^leiß seine Treue hatten ihm die höchste Achtung des Volkes 
«g^ Da^ ließen ihn die harten Prüfungen, die die letzten ge- 1827_18S6
	        
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