Full text: Vom Westfälischen Frieden bis zum Ausbruch des Weltkrieges (Teil 2)

10 VII. Vom Westfälischen Frieden bis zur Französischen Revolution. 
schönste Deutschlands, in die Luft gesprengt und zahlreiche Menschen durch 
die ärgsten Mißhandlungen gequält. Selbst die Toten ließ man nicht 
in Ruhe; denn rohe Krieger stiegen im Dom zu Speyer hinab in die 
Grüfte, öffneten die Särge der dort schlummernden Kaiser und ent- 
wendeten die Kostbarkeiten, die sie darin fanden. Und das alles ge- 
schah, um zwischen Deutschland und Frankreich eine öde Zone zum 
Schutz der französischen Grenze zu schaffen. 
3>im®s9,xiv.ui,= Solche Frevel erregten in ganz Europa gerechte Entrüstung. Zu- 
nächst vereinigten sich der Kaiser und die hervorragendsten Reichs - 
f ü r st e n (Brandenburg, Bayern. Sachsen, Hannover), ferner Spanien, 
Savoyen und Schweden zur Abwehr. Zu ihnen gesellte'sich noch 
Holland und England, wo 1689 Wilhelm III. von Oranien nach 
dem Sturze semeiTathoiifchen Schwiegervaters Jakob II. durch Par¬ 
lamentsbeschluß König geworden war. Der Krieg verbreitete sich somit 
über Italien, die Rheingegenden und vorzugsweise über die 
Niederlande. Den Verbündeten fehlte es an einheitlicher Leitung 
und an festem Zusammenhalten und daher nahm der Kampf im all- 
gemeinen trotz der großen Zahl seiner Gegner einen für Frankreich 
günstigen Verlauf. 
Ryswyki697. 3m Jahre 1697 kam der Friede bei Haag; 
spr. Reisweik) zustände. Ludwig XIV. ze!g?ezuru^erraschung der 
Beteiligten ungewohnte Mäßigung. Er entsagte den Ansprüchen auf 
die Pfalz, gab die im Kriege gemachten Eroberungen, ferner die re- 
unterteil Orte (mit Ausnahme der elsässischen) sowie Freiburg, Breisach 
und Philippsburg heraus, ließ sich aber den Besitz von Straßburg 
von neuem zusichern. Auch brachte er es dahin, daß in den Friedens- 
schluß eine Klausel (die Ryswyker Friedensklausel) aufgenommen 
wurde, wonach in den von Frankreich zurückzugebenden Orten die 
katholische Religion geduldet werden sollte. 
^ 85. Der Spanische Erbfolgekrieg 1701—1714.*) 
Grund für^ Lud. 1. Nicht ohne Grund zeigte sich Ludwig XIV. im Ryswyker 
Mäßigung im Frieden so rücksichtsvoll in seinen Forderungen. Seine Kassen waren 
grieben! infolge des in Frankreich eingetretenen wirtschaftlichen Niedergangs 
erschöpft und er sah im Geiste voraus, daß über kurz oder lang ein 
großer Krieg entbrennen und daß er in demselben eine bedeutende 
Rolle spielen werde. Im Hinblick darauf hielt er es für notwendig, 
sich schon jetzt auf diesen Fall durch Stärkung seiner geschwächten 
Kriegsmacht vorzubereiten. Wenige Jahre nach dem Ryswyker Frieden 
zogen sich denn auch wirklich drohende Kriegswolken am politischen 
*) Zum Spanischen, Österreichischen und Polnischen Erbfolgekrieg (vgl. die Tabelle I, 
S. 211):
	        
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