Full text: Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte vom Ausgange des Dreißigjährigen Krieges bis 1815 (Bd. 2)

Mendt: Die Slawen zur Zeit Karls des Großen. 
Mark bis zur Raab und die uuterpanuonische bis zum Einfluß der Drau 
in die Donau. Das Land zwischen der Drau und dem Adriatischen Meere 
stand unter der Aufsicht der Herzöge von Frianl, bis es 828 in vier 
selbständige Marken zerlegt wurde. 
Die Marken waren an allen wichtigen Punkten mit Burgen besetzt, 
chre ganze Bevölkerung zu abwechselndem Nachtdienst und beständiger Kriegs- 
bereitschast verpflichtet, dafür aber von Heerfahrten in entferntere Gegenden 
befreit. Zur Unterhaltung dieser kostspieligen Militärgrenze dienten größten- 
teils he den Slawen auferlegten Tribute, welche aber ihrerseits wieder die 
Ursache fortgesetzter Empörungen dieser Slawen wurden, so daß man an 
der Grenze eigentlich nie zur Ruhe kam. 
Die Grenzgrafen, oft auch duces oder praefecti genannt — der 
Titel marchio wird erst später üblich —, hatten eine ausgedehnte Militär- 
gewalt und eine sehr selbständige Stellung; denn sie sollten nicht nur das 
eigene Land vor plötzlichen Überfällen schützen, sondern auch die außerhalb 
der Mark wohnenden Slawenstämme in ihrer Abhängigkeit und Tributpflicht 
erhalten. Es scheint, daß sie zu diesem Zwecke, ohne vorher beim Könige 
anzufragen, den Heerbann aufbieten und Kriegszüge unternehmen durften, 
um drohende Erhebungen der Slawen im Keime zu ersticken. Außerdem 
hatten sie den Handel mit den Slawen zu beaufsichtigen und besonders 
dafür zu sorgen, daß weder Waffen noch Rüstungen zu ihnen exportiert 
wurden. Die Kaufleute waren deshalb streng angewiesen, nur an bestimmten 
Orten, z. B. in Bardowiek, Magdeburg, Erfurt, Forchheim, Regensburg, 
Lorch u. a., mit den Slawen in Verkehr zu treten. [Capitulare von 
Dudenhofen 805, Leges I, 133.] 
So bildeten die Marken Karls des Großen von der Ostsee bis zur 
Adria eine feste Grenze zwischen Germanen und Slawen/ zwischen dem 
wohlgeordneten christlichen Frankenreiche einerseits und seinen noch heidnischen 
und politisch unorganisierten östlichen Nachbarn anderseits, kurz, zwischen 
dem kultivierten unb unkultivierten Europa, ähnlich wie 800 Jahre früher 
die Rhein- und Donaugrenze des Kaisers Augustus zwischen Römern mtd 
Germanen. Aber ebensowenig wie letztere konnte die karolingische Grenzlinie 
eine absolut trennende Schranke zwischen zwei so verschieden entwickelten 
Kulturgebieten fein; es war natürlich und notwendig, daß das höher stehende 
Element mehr und mehr Einfluß auf das tiefer stehende gewann, und daß 
üblich auch die Slawen in den Kreis, der abendländisch-christlichen Kultur 
hereingezogen wurden. Aber es war eine große Frage, ob es den Slawen 
1 Allerdings wohnten auch einige Slawenstämme innerhalb der Marken, i. B. die 
^te Main-Wenden und die Slowenen in Kärnten unb Pannonien, aber eine 
pomlsche Jiolle haben biefe Slawen nicht mehr gespielt; sie würben ganz wie bie übrigen 
frankischen Reiches behandelt unb haben in biefer ruhigen unb gesicherten 
ge Der tsermantfterung sehr lange, die Slowenen größtenteils sogar bis heute widerstanden.
	        
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