Mendt: Die Slawen zur Zeit Karls des Großen.
Mark bis zur Raab und die uuterpanuonische bis zum Einfluß der Drau
in die Donau. Das Land zwischen der Drau und dem Adriatischen Meere
stand unter der Aufsicht der Herzöge von Frianl, bis es 828 in vier
selbständige Marken zerlegt wurde.
Die Marken waren an allen wichtigen Punkten mit Burgen besetzt,
chre ganze Bevölkerung zu abwechselndem Nachtdienst und beständiger Kriegs-
bereitschast verpflichtet, dafür aber von Heerfahrten in entferntere Gegenden
befreit. Zur Unterhaltung dieser kostspieligen Militärgrenze dienten größten-
teils he den Slawen auferlegten Tribute, welche aber ihrerseits wieder die
Ursache fortgesetzter Empörungen dieser Slawen wurden, so daß man an
der Grenze eigentlich nie zur Ruhe kam.
Die Grenzgrafen, oft auch duces oder praefecti genannt — der
Titel marchio wird erst später üblich —, hatten eine ausgedehnte Militär-
gewalt und eine sehr selbständige Stellung; denn sie sollten nicht nur das
eigene Land vor plötzlichen Überfällen schützen, sondern auch die außerhalb
der Mark wohnenden Slawenstämme in ihrer Abhängigkeit und Tributpflicht
erhalten. Es scheint, daß sie zu diesem Zwecke, ohne vorher beim Könige
anzufragen, den Heerbann aufbieten und Kriegszüge unternehmen durften,
um drohende Erhebungen der Slawen im Keime zu ersticken. Außerdem
hatten sie den Handel mit den Slawen zu beaufsichtigen und besonders
dafür zu sorgen, daß weder Waffen noch Rüstungen zu ihnen exportiert
wurden. Die Kaufleute waren deshalb streng angewiesen, nur an bestimmten
Orten, z. B. in Bardowiek, Magdeburg, Erfurt, Forchheim, Regensburg,
Lorch u. a., mit den Slawen in Verkehr zu treten. [Capitulare von
Dudenhofen 805, Leges I, 133.]
So bildeten die Marken Karls des Großen von der Ostsee bis zur
Adria eine feste Grenze zwischen Germanen und Slawen/ zwischen dem
wohlgeordneten christlichen Frankenreiche einerseits und seinen noch heidnischen
und politisch unorganisierten östlichen Nachbarn anderseits, kurz, zwischen
dem kultivierten unb unkultivierten Europa, ähnlich wie 800 Jahre früher
die Rhein- und Donaugrenze des Kaisers Augustus zwischen Römern mtd
Germanen. Aber ebensowenig wie letztere konnte die karolingische Grenzlinie
eine absolut trennende Schranke zwischen zwei so verschieden entwickelten
Kulturgebieten fein; es war natürlich und notwendig, daß das höher stehende
Element mehr und mehr Einfluß auf das tiefer stehende gewann, und daß
üblich auch die Slawen in den Kreis, der abendländisch-christlichen Kultur
hereingezogen wurden. Aber es war eine große Frage, ob es den Slawen
1 Allerdings wohnten auch einige Slawenstämme innerhalb der Marken, i. B. die
^te Main-Wenden und die Slowenen in Kärnten unb Pannonien, aber eine
pomlsche Jiolle haben biefe Slawen nicht mehr gespielt; sie würben ganz wie bie übrigen
frankischen Reiches behandelt unb haben in biefer ruhigen unb gesicherten
ge Der tsermantfterung sehr lange, die Slowenen größtenteils sogar bis heute widerstanden.