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Schiller: Der Wiener Kongreß.
Haltens, sei es in der Verwaltung ihrer Staaten, sei es in den politischen Be-
Ziehungen zu jeder anderen Regierung, allein die Vorschriften dieser heiligen Religion
anzunehmen, Vorschriften der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens, die, weit
entfernt, nur auf das Privatleben anwendbar zu sein, auch die Entschließungen
der Fürsten direkt beeinflussen und alle ihre Schritte lenken sollen, da sie das
einzige Mittel sind, die menschlichen Einrichtungen dauerhast zu machen und ihren
Unvollkommenheiten abzuhelfen.
Daher haben Ihre Majestäten folgende Artikel vereinbart:
Art. 1. Entsprechend den Worten der Heiligen Schrift, die allen Menschen befiehlt,
sich als Brüder zu betrachten, werden die drei vertragschließenden Monarchen durch die
Bande einer wahrhaften und unlöslichen Brüderlichkeit geeint bleiben, und da sie sich als
Landsleute ansehen, werden sie sich bei jeder Gelegenheit und an jedem Orte Unterstützung,
Beistand und Hilfe gewähren. Indem sie sich ihren Untertanen und Heeren gegenüber als
Familienväter betrachten, werden sie jene in demselben Geiste der Brüderlichkeit regieren,
von dem sie erfüllt sind, um die Religion, den Frieden und die Gerechtigkeit zu schützen.
Art. 2. Infolgedessen wird der einzige geltende Grundsatz, sei es zwischen den
genannten Regierungen, sei es zwischen ihren Untertanen, der fem; sich gegenseitig Dienste
zu leisten, sich durch ein unveränderliches Wohlwollen die gegenseitige Zuneigung zu
bezeugen, von der sie beseelt sein sollen, sich insgesamt nur als Glieder ein und derselben
christlichen Nation zu betrachten, indem die drei verbündeten Fürsten sich selbst nur ansehen
als von der Vorsehung beauftragt, um drei Zweige ein und derselben Familie zu leiten,
nämlich Österreich, Preußen und Rußland. So bekennen sie, daß die christliche Nation,
von der sie und ihre Völker ein Teil sind, in der Tat keinen anderen Herrn hat, als den,
dem allein die Macht gehört, weil sich in ihm allein alle Schätze der Liebe, der Wissen-
schast und der unendlichen Weisheit finden, nämlich Gott, unfern göttlichen Erlöser Jesus
Christus, das Wort des Allerhöchsten, das Wort des Lebens. Ihre Majestäten empfehlen
infolgedessen mit der zärtlichsten Sorge ihren Völkern als einziges Mittel, diesen Frieden
zu genießen, den ein gutes Gewissen erzeugt, und der allein von Dauer ist, jeden Tag
sich mehr zu befestigen in den Grundsätzen und der Übung der Pflichten, die der göttliche
Erlöser die Menschen gelehrt hat.
Art. 3. Alle Machte, die feierlich die geheiligten Grundsätze bekennen wollen, die
den gegenwärtigen Akt diktiert haben, und anerkennen werden, wie wichtig es für das
Glück der zu lange erschütterten Nationen ist, daß diese Wahrheiten von nun an auf die
menschlichen Schicksale den ganzen Einfluß ausüben, der ihnen zukommt, werden in diese
Heilige Allianz aufgenommen werden mit ebensoviel Eifer als Wohlwollen.
Dreifach gegeben und gezeichnet zu Paris im Jahre des Heils 1815 den 14. 26.
September.
Franz. Friedrich Wilhelm. Alexander.
102. Der Wiener Kongreß.
Von Hermann Zchiller.
Weltgeschichte. 4. Bd. Geschichte der Neuzeit. Berlin und Stuttgart, Spemann.
1901. S. 319.
Niemals lagen einem Kongreß so umfassende und so tief einschneidende
Fragen zur Lösung vor wie dem Wiener, der im Herbst 1814 zusammen¬
trat. Zunächst hatte Metternich schon dadurch einen großen Triumph errungen,
daß Wien als Stätte dieser europäischen Fürsten-und Diplomatenversammlung