X. Deutsche Kaisergcschichte. Drittes Kapitel. III
feierte der Kaiser mit allem Glanz des Rittertums zu Worms seine
dritte Vermählung mit einer englischen Königstochter. Er setzte einen
Landfrieden ein und erlangte die Königskrönung seines Sohnes Kon-
rad (IV.) von den Fürsten gegen Anerkennung ihrer Landeshoheit.
Dann verließ er Deutschland für immer und wendete sich gegen die
welsifchen Lombardenstädte, welche die im Konstanzer Frieden gesetzte
Freiheitsgrenze wieder überschritten hatten.
Unterstützt von den italienischen Ghibellinen, an deren Spitze
Markgraf Ezzelino de Romano stand, von deutschen Rittern und
apulischeu Sarazenen, besiegte er die Lombarden in der Schlacht
bei Cortenuovo. Durch die zu hoch gespannten Forderungen des 1237.
Kaisers wurden die Besiegten aber zu einem Verzweiflungskampfe
gereizt, in welchem Gregor IX. auf ihre Seite trat. Dieser belegte
den Kaiser mit dem Banne, weil derselbe die Sarazenen in Süditalien
begünstigte, die Geistlichkeit daselbst feindlich behandelte und seinen un-
ehelichen Sohn, den schönen Enzio, zum König von Sardinien erhob.
Es entspann sich ein heftiger Schriften st reit zwischen Papst und
Kaiser, in dem sich beide gegenseitig mit starken Ausdrücken aus jjder
Offenbarung Johannis als die Verderber der Kirche und die Urheber
aller Übel bezeichneten. Bettelmönche suchten im Auftrage des
Papstes das Volk vom Kaiser abwendig zu machen; es gelang dem
Papste aber nicht, die Fürsten zum Auftreten gegen den Kaiser zu be-
wegen. Dieser bedrohte Rom und ließ durch Enzio über 100 Prä-
laten gefangen nehmen, die auf genuesischen Schiffen zu einer
Kirchenverfammlung nach Rom eilen wollten. Der greise Gregor er-
lag diesen Schlägen; sein Nachfolger, Jnnocenz IV., ebenso kühn und
noch rücksichtsloser als Jnnocenz III, entfloh aus Italien und erflärte
auf einer Kirchenverfammlung zu Lyon mit schauerlicher Feier-1245.
lichkeit den Kaiser als einen Ketzer und Kirchenräuber aller seiner
Kronen verlustig, alle seine Völker ihres Eides entbunden; die Ver-
teidigungsrede des mutigen Kanzlers Thaddäus von Sessa war
vergeblich gewesen. Bei Empfang der Unglücksbotfchaft fetzte Friedrich
sich eine Krone aufs Haupt und rief zornentbrannt: „Noch Hab'
ich meine Krone, und kein Papst, keine Kirchenversammlung soll sie
mir ohne blutigen Kamps rauben!" Aber vergebens rief er alle
europäifchen Fürsten auf, den Mißbrauch der Priestergewalt zu hemmen;
Bettelmönche predigten das Kreuz gegen ihn, Verschwörungen wnr-
den gegen ihn angezettelt, seine Getreuen ihm abwendig gemacht, selbst
fem treuster Ratgeber Peter von Vinea. Enzio, der Stern der
Ghibellinen, wurde von den Bolognefern gefangen genommen und
mußte fein Leben in 23jähriger Gefangenschaft verschmachten; Ezze-
ltno, den der Kaiser zu feinem Schwiegersöhne erhoben hatte, ge-
bärdete sich in den eroberten Städten als unabhängiger Gebieter.
Das frühere Glück hatte den Kaiser, der dem Widerstande gegenüber
mit steigender Härte waltete, verlassen. Noch einmal raffte er sich aus