XHI. Zeitalter der sinkenden Hierarchie :c. Erstes Kapitel. 147
von dessen ritterlicher Tapferkeit sein „Teuerdank" wunderbare Proben
berichtet. (Seine persönliche Liebenswürdigkeit gewann ihm Fürsten und
Ritter, auch wenn diesen seine Politik nicht gefiel; aufs leutseligste
verkehrte er mit den Bürgern und mit seinen Dienern. Dabei war er
durch ausdauernde Gesundheit und gute Gestalt, durch scharfe Auffas-
sung und allezeit frisches Gedächtnis ausgezeichnet. Wenn er, auch bei
seinen Zeitgenossen, ein so gutes Andenken hinterlassen hat, so rührt
dies nicht sowohl von dem Erfolge seiner Unternehmungen, als von
seinen persönlichen Eigenschaften her. Seine Vermählung mit der
Nichte des Herzogs von Mailand verwickelte ihn in die italieni-
schen Händel. Es gelang ihm nicht, gegen die Franzosen Mai-
land zu gewinnen und das weitere Umsichgreifen derselben in Italien
zu verhindern. Er schloß dann mit dem Papste, Frankreich und Spa¬
nien die Liga von Cambray gegen die ihm feindlichen, stolzen 1508.
Venetianer, errang an der Seite der Franzosen durch seine deutschen
Landsknechte den Sieg bei Ravenna und blieb ihnen auch gegen
den eignen Vorteil treu, als seine andern Mitverbündeten mit den
bedrängten Venetianern die heilige Liga bildeten. Erst als auch 1511.
England gegen Frankreich auftrat, nahm Max ebenfalls wieder Partei
gegen die Franzosen. Diese kamen vorübergehend in Bedrängnis; aber
Franz I. von Frankreich, der voll Ruhmbegierde gegen Habsburgs
Macht ankämpfte, schlug bei Marignano die bisher unbesiegten 1515.
Schweizer und behauptete sich in Mailand und Genna. Die Zeit, in
der das Reich für die Unternehmungen seines Oberhauptes in Jta-
lien eintrat, war vorüber, und Max, der in dieser Beziehung mit
seinen Bestrebungen dem Mittelalter angehört, ist deshalb, wie über¬
haupt wegen seiner ritterlichen Persönlichkeit und wegen seiner Neigung
zu abenteuerlichen Unternehmungen mit Recht „der letzte Ritter auf
dem Throne" genannt worden.
Nicht durch den Krieg erreichte Max trotz seiner kriegerischen
Virtuosität sein Lebensziel, die Erhöhung der Macht seines Hauses;
es schien Österreichs Bestimmung, durch Heirat groß zu wer¬
den. Maximilians ältester Enkel Karl erbte von seinem mütterlichen
Großvater Spanien, Neapel, Sizilien, bie Nieberlanbe unb bie spa¬
nischen Eroberungen in ber neuentbeckten Welt. Durch eine Wechsel-
Heirat sicherte Max seinem zweiten Enkel Ferbinanb vom König
Wlabislaus ben künftigen Besitz von Ungarn unb Böhmen. Nicht
durch ihn, aber unter ihm entwickelte sich eine ständische Neuord-
nung des Reiches. Zur Durchführung des ewigen Landfriedens 1495.
wurde nach den Entwürfen des erleuchteten Erzbischofs Berthold von
Mainz das Reichskammergericht zur Schlichtung der bisher mit
Waffen ausgekämpften Streitigkeiten unter den unmittelbaren Reichs-
ständen eingerichtet. Die Ernennung der Mitglieder des Gerichtes ge-
schah durch den König mit Einwilligung der Reichsstände. Zum Zwecke
der Handhabung des Lanbfriebens unb ber Vollziehung ber Kammer-
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