Full text: Grundriß der Geschichte

172 Dritter Abschnitt. Geschichte der Neuzeit. 
durfte. Der Kaiser sprach über Kurfürst Johann Friedrich und Land- 
gras Philipp die Reichsacht aus, die Heere standen an der Donau 
unthätig einander gegenüber, da trat Moritz von Sachsen mit seiner 
offnen Parteinahme für den Kaiser hervor und nahm mit böh- 
mischer Hülfe die kursächsischen Städte fast ohne Schwertstreich. Da 
die oberländischen Städte keine Geldhülfe mehr leisten wollten, 
zogen die norddeutschen Fürsten in die Heimat ab und überließen Süd- 
deutschend dem Kaiser, der nun die reichen protestantischen Handels- 
städte hier durch starke Schätzungen züchtigte. Johann Friedrich 
eroberte zwar sein Kursachsen bald wieder, er wagte aber trotz der 
sich darbietenden vorteilhaften Verbindungen keinen kühnen Schritt gegen 
seinen Kaiser, gegen den er sich gewissenhaft und voll Gottvertrauen 
nur notgedrungen verteidigen wollte. So wurde er von 
Karl V., der voll kriegerischen Eifers rasch über die Elbe vordrang, 
1547.bei Mühlberg überfallen, auf dem Rückzüge nach Wittenberg in der 
Lochauer Heide ereilt und nach tapferer Gegenwehr verwundet ge- 
fangen. 
Schicksal der schmalkaldischen Bundeshäupter, Interim. Niederlage des Kaisers, 
Passauer Vertrag und Augsburger Religionsfriede. 
§ 110. Das Todesurteil, welches dem gefangenen Johann 
Friedrich vor seinem tapfer verteidigten Wittenberg vorgelesen wurde, 
brachte ihn nicht aus seinem Gleichmute; der Zumutung, sich den Re- 
ligionsanordnungen des Kaisers zu fügen, setzte er standhafte Bekennt- 
nistreue entgegen. Das Todesurteil wurde in Gefangenschaft 
verwandelt, aber sein Kurfürstentum erhielt Herzog Moritz, und 
hiermit ging die Kurfürstenwürde von der altern Ernestinifchen Linie 
auf die jüngere Albertinische des sächsischen Fürstenhauses über; jener 
verblieben nur die thüringischen Ämter Weimar, Elsenach, Koburg, 
Gotha u. a. Im Vertrauen auf freies Geleit, für welches Joachim H. 
von Brandenburg und Moritz von Sachsen sich glaubten verbürgen 
zu können, leistete Landgraf Philipp in Halle vor dem Kaiser Ab- 
bitte, wurde aber von Herzog Alba zur größten Bestürzung der Fürsten 
als Gefangener zurückgehalten und mußte als solcher gleich seinem 
sächsischen Leidensgenossen, von spanischen Kriegsleuten bewacht, dem 
kaiserlichen Hoflager folgen. Da Papst und Konzil sich weigerten, in 
erneute Beratung der bereits aufgestellten Glaubensartikel zu Trident 
einzutreten, die protestantischen Stände dies aber zur Bedingung ihrer 
Unterwerfung unter das Konzil machten, so beschloß der Kaiser eine 
Reformation aus kaiserlicher Machtvollkommenheit und 
1548.Ueß von drei Theologen das sogenannte „Augsburger Interim" 
ausarbeiten. Das Interim gestand den Protestanten den Kelch im 
Abendmahle, die Ehe der Geistlichen, den Besitz der eingezogenen 
Kirchengüter zu und näherte sich den protestantischen Anschauungen in 
der Lehre von der Rechtfertigung, der Messe und der Kirche. Die
	        
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