Full text: Grundriß der Geschichte

192 Dritter Abschnitt. Geschichte der Neuzeit. 
im Südwesten des Reiches die Franzosen unter Türenne und Conds 
und bedrängten gemeinsam mit den Schweden unter Wrangel Bayern, 
während der schwedische General Königsmark die Prager Kleinseite 
eroberte und sich anschickte, auf Wien zu marschieren: da erscholl die 
ersehnte Kunde, daß der westfälische Friede zu Münster und 
Osnabrück abgeschlossen sei. 
Frankreich erhielt den Löwenteil: Metz, Toul, Verdun 
(§ 110), die österreichische Landgrafschaft Elsaß, die Landvogtei über 
10 bisher reichsfreie elsassische Städte, die Festung Breisach und 
das Besatzungsrecht in Philippsburg. Schweden bekam Vorpom- 
mern und einen Teil von Hinterpommern, Wismar, Bremen und 
Verden, Sitz und Stimme ans deutschen Reichs- und Kreistagen und 
5 Millionen Thaler als Kriegskosten-Entschädigung. Brandenburg, 
das Erbschaftsansprüche auf Pommern hatte, erhielt neben dem größ- 
ten Teile von Hinterpommern die Stifter Magdeburg, Halberstadt, 
Minden und Kamin, Mecklenburg die Bistümer Schwerin und Ratze- 
bürg, Hessen-Kassel außer dem Stifte Hersfeld 600 000 Thaler. 
Friedrichs Y. Sohn bekam die Rheinpfalz mit der Kurftimme zurück, 
sein feindlicher Wittelsbacher Stammesvetter Maximilian behielt die 
Oberpfalz mit einer achten Kurstimme. Das Restitutionsedikt wurde 
aufgehoben, die Reichsstände beiber Konfessionen, eingeschlossen bie 
Calvinisten, erhielten gleiche Rechte, ber Glaube ber Unterthanen 
sollte nicht mehr von Religionsänberungen ber Lanbesherren abhängen; 
in Religionssachen sollte auf ben Reichstagen nicht mehr Stimmen¬ 
mehrheit , sonbern gütlicher Vergleich entscheiben. Der Papst ver- 
bammte bieses Religionsvertrags wegen burch eine Bulle bas ganze 
Friebenswerk. Die beutschen Fürsten würben in ihren Territorien 
souverän, sie erhielten bas Recht zu Krieg unb Frieben, zu Bünd- 
niffen unb Verträgen mit auswärtigen Mächten, unb bas Reich, 
konfessionell gespalten unb politisch in etwa 360 geistliche unb welt¬ 
liche Herrschaften zersplittert, war eigentlich nur ein Bunb sou¬ 
veräner Fürsten unb freier Stäbte mit einem Kaiser an ber Spitze. 
Der Reichstag, seit 1663 zu Regensburg permanent, bestaub aus 
ben Gesandten bes Kollegiums ber Kurfürsten, ber Reichsfürsten und 
der Reichsstädte; durch ihre Zustimmung und Mitwirkung wurden 
kaiserliche Vorschläge Reichsgutachten, die nach kaiserlicher Be¬ 
stätigung als Reichsbeschluß galten. Oberster Lehns- und Strafge- 
richtshof für Reichsunmittelbare war der Reichshofrat, ordentliche 
Rechtsinstanz für diese und Appellhof für Reichsmittelbare war das 
Reichskammergericht, seit 1689 in Wetzlar. Standeserhöhung 
und Privilegienerteilung waren Reservatrechte des Kaisers. Der 
Prozeßgang beim Reichskammergericht war unendlich schleppend, die 
Exekution nur bei Mindermächtigen durchführbar. Während die 
einzelnen Länder landesherrliche stehende Heere unterhielten, wurde ge¬ 
gebenen Falles ein Reichsheer, und zwar buntscheckig und langsam
	        
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