60 Erster Abschnitt. Geschichte des Altertums.
Unter den bildenden Künsten hat Rom besonders die Baukunst
gepflegt, welche durch großartige und nützliche Werke die Staats-
macht verherrlichte. Durch die Appische Wasserleitung wurde teils
durch die Erde hindurch, teils auf hohen Bogen aus einer Entfernung
von 1V2 Meilen Rom mit gutem Wasser versorgt; eine 40 Meilen
lange Heerstraße aus festgefugten Quadern, die via Appia, führte
von Rom nach Kapua. Unter Augustus verwandelte sich die Ziegel-
stadt Rom in eine Marmorstadt. Die römische Architektur entnahm
die reich verzierte korinthische Säule von der griechischen und ver-
vollkommnete diese durch die Kunst der Wölbung für Kanäle, Brücken,
Thore und auch Tempel. Der berühmteste römische Rundtempel ist
das wohlerhaltene Pantheon: über der kreisrunden Umfassungsmauer
mit einem Durchmesser von mehr als 40 Metern erhebt sich eine
kolossale Halbkugel; durch korinthische Säulen getrennte Nischen im
Untergeschoß dienten zur Aufnahme von Götterbildern, die Rom
hier von den Völkern der Erde vereinigte. Großartig ist das Kollos-
seum, ein noch zur Hälfte erhaltenes Amphitheater: an die langrunde
Umfassungsmauer in 4 Geschossen, deren 3 untere sich in Arkaden
öffnen, lehnen sich, auf Gewölben ruhend, die Sitzreihen bis zu 40
Metern Höhe für 80000 Zuschauer; sie umgeben die Arena für die
Tierkämpfe, deren Längen-Durchmesser 90 Meter beträgt. Hier
floß das Blut von Menschen und wilden Tieren zur Befriedigung der
grausamen römischen Schaulust in Strömen. Gladiatorenkämpfe
versetzten die Zuschauer in fieberhafte Erregung und blutdürstige
Lust. Bei den Tierhetzen kämpften mit wilden Bestien auch Menschen,
die ein Gewerbe daraus machten, oder die zu grausamer Todesstrafe
verurteilt waren, darunter viele christliche Märtyrer. Trajan legte ein
Forum an, umgeben von einer fiinffchiffigen Basilika für den Han¬
delsverkehr, von Tempeln und Säulenhallen, mit dem berühmten
Triumphbogen zur Verherrlichung römischer Triumphzüge als Ein-
gangspsorte und der Ehrensäule des Kaisers in der Mitte, alles zu
malerischer Gesamtwirkung verbunden.
Das römische Haus, nach außen geschlossen und nach innen
sich öffnend, enthielt als Hauptraum das säulengetragene reichgeschmückte
Atrium, von dem man zum innern Hofe mit einem Wasserbassin,
dem Jmpluvium, gelangte, an dessen Seiten kleinere Zimmer lagen.
Den Hinterhof, Peristyl, umgab ein Säulengang, an dem Sklaven-
zimmer und Nebenräume sich befanden, und der einen Gartenraum
umfaßte. Die Herrschaftsräume waren mit Statuen und Wand-
Malereien, Teppichen und Portieren, mit Prunk- und Prachtgeräten
geschmückt. Außer dem eignen Hause in der Weltstadt hatten die
reichen Römer der spätem Republik und der Kaiserzeit in schönen
Gegenden Villen, umgeben von Höfen und Gebäuden für die Ökono-
mie, von sorgfältig kultivierten Nutzgärten und von Ziergärten mit
künstlichen Hecken und Blumenbeeten. Diese Villen mit allen zu einem