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Das Mittelalter,
Dalmatien und mehrere Inseln des Mittelmeeres. Durch ruhmvolle Seekriege
gegen die Türken machte es sich um die ganze Christenheit verdient. Die
Verfassung war aristokratisch: die Regierung führte ein aus Mitgliedern
der Adelsgeschlechter gebildeter Rat, und ein auf Lebenszeit gewählter
Doge (vom lateinischen dux, Herzog) vertrat den Staat nach außen.
b) Genua, zu dessen Gebiet auch Korsika gehörte, hatte nach der
Wiederherstellung des griechischen Kaiserreichs dort große Handelsvorteile
erlangt, wurde aber durch einen langwierigen Handelskrieg mit Venedig
und noch mehr durch innere Kämpfe zwischen der aristokratischen und
demokratischen Partei geschwächt und mußte sich der Herrschaft Frankreichs
unterwerfen. Während der Kriege Franz' I. von Frankreich gegen Kaiser
Karl V. trat es unter dem Dogen Andrea Doria zur Partei des Kaisers
über und gewann dadurch seine Unabhängigkeit zurück.
c) Mailand stand wie auch andere oberitalienische Städte im 15. Jahr¬
hundert unter Alleinherrschern (aus den Häusern Visconti und Sforza).
1500 kam es an Frankreich.
d) Florenz, die Beherrscherin Toskanas, wurde im letzten Jahr-
hundert des Mittelalters der Mittelpunkt des Geldverkehrs und zugleich
des geistigen Lebens in Italien. Die florentinische Mundart, in der
Dante geschrieben hatte, ward die Schriftsprache der Nation. Ihre Be-
deutung verdankte die Stadt vor allem dem reichen Handels- und Bank-
hause Medici. Cosimo von Medici (um 1440) errichtete Kontore in
allen Ländern Europas und besaß in seiner Vaterstadt solchen Einfluß,
daß er in dem demokratischen Staate tatsächlich regierte. Sein Enkel
Lorenzo der Prächtige übertraf ihn noch an Einfluß, und seine Mit-
bürger erkannten ihn als „principe" an. Aufs freigebigste unterstützte er
alle künstlerischen und wissenschaftlichen Bestrebungen (§§ 102. 103). Aber
ihm fehlte die Klugheit des Großvaters; durch Verletzung republikanischer
Formen zog er sich Feindschaft zu, und nur durch Zufall entging er einer
Verschwörung. Nach seinem Tode (1492) trat der Dominikaner Savo-
narola als demokratischer Volksführer und Reformator des religiösen
Lebens auf, mußte aber, durch ein geistliches Gericht verurteilt, seine
Kühnheit mit dem Feuertode büßen.
e) Rom. Während des „Babylonischen Exils" rissen sich einzelne
Teile vom Kirchenstaate los, und häufige Empörungen erschütterten die
Hauptstadt selbst. Erst gegen Ende des Mittelalters gelang den Päpsten
die Wiedervereinigung ihres Staates. Dem Anfang des 16. Jahrhunderts
gehören die beiden kunstliebenden Päpste Julius II. und der Mediceer
Leo X. an. Julius II. trat an die Spitze der nationalen Bewegung
gegen Frankreich und schloß mit Venedig, der Schweiz und Aragonien die
„Heilige Liga" zur Vertreibung der Franzosen aus Oberitalien. Nach
einigen verlustreichen Kämpfen in der Po-Ebene mußten die Franzosen
Mailand aufgeben, eroberten es aber bald zurück.