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Das Mittelalter.
übrigen Länder mußte er verzichten. Zum zweitenmal empörte sich Ottokar,
1278. fiel aber in der Schlacht auf dem Marchfelde, 1278. Böhmen und
Mähren erhielt Ottokars Sohn; mit Österreich, Steiermark, Kärnten und
Kram belehnte Rudolf seine eigenen Söhne und wurde dadurch der
Gründer der Habs burgisch-österreichischen Hausmacht. Von nun
an war die Gründung einer starken Hausmacht das eifrigste Bestreben
der Kaiser.
Vergleiche Rudolf und Ottokar mit Friedrich Rotbart und Heinrich dem Löwen!
4. Rudolfs Regierung. In der Regierung beschränkte sich Rudolf auf
das Erreichbare. Er unternahm nichts Wichtiges ohne der Kurfürsten Zu-
stimmung, die er durch „Willebriefe" einholte. Er erneuerte und ver-
vollständigte das Landfriedensgesetz Friedrichs II., zog persönlich gegen
die Raubritter, die sich ihm nicht fügten, zu Felde und überlieferte
schonungslos die.adligen Räuber dem Strange. (In Thüringen soll er
in einem Jahre [1290] 60 Raubritterburgen gebrochen haben.) So wurde
er zwar nicht der Wiederhersteller des Reiches, aber doch der Ordnung*).
Kaiser Rudolfs „Ritt zum Grave".
§ 92. Vier Kaiser aus vier Käufern.
1. Adolf von Nassau, 1291—1298. Vergebens hatte sich Rudolf
bemüht, feinem Sohne Albrecht die Thronfolge zu sichern. Die Kur-
fürfteu gaben nicht ihm, fondern dem armen Grafen Adolf von Nassau
1291. ihre Stimmen. Aber bei seinen Versuchen, durch gewaltsames Vorgehen
in Meißen und Thüringen bei einem Familienstreit des wettinschen Hauses
seine Hausmacht zu verstärken, entzweite er sich mit den Kurfürsten. Sie
setzte/ihn zu Mainz ab und riefen den früher verschmähten Albrecht von
Österreich zu seinem Sturze herbei. Adolf fiel im Kampfe gegen feinen Gegner
1298. bei Göllheim am Donnersberge. (Er erhielt von Albrecht einen tödlichen
Hieb über den Kopf.)
2. Albrecht L, 1298—130$, hatte ein noch herberes Schicksal. Er
wurde von seinem Neffen Johann (Parricida), dem er einen Teil feines
Erbes, die schwäbisch-habsburgischen Besitzungen, nicht auslieferte, im An-
gesichte der Habsburg ermordet.
Albrecht machte dem Papste das Zugeständnis, daß das Wahlrecht der deutschen
Kurfürsten auf päpstlicher Verleihung beruhe; aber gerade, als er den Ansprüchen der
päpstlichen Theokratie sich beugte, brach diese unter den Schlägen der französischen
Krone zusammen. — Mit harter Hand dagegen ging Albrecht gegen die rheinischen
*) Sprichwörtlich war die Einfachheit des langen, hageren Rudolf. Als am
25. November 1276 Ottokar II. ihm zum erstenmal huldigen mußte, demütigte er den
stolzen Böhmenkönig auf seltsame Weise. Während dieser im königlichen Ornat erschien,
saß Rudolf im grauen Wams demütig auf einem dreibeinigen Schemel, seine Ritter
aber strahlten von Gold.