Vorwort.
Nach der Neuordnung des höheren Mädchenschulwesens in Preußen
konnte es dem Herrn Verleger und mir nicht zweifelhaft sein, daß auf mein
nach den Ausführungsbestimmungen neu zu bearbeitendes Lehrbuch der Ge-
schichte für Höhere Mädchenschulen ein solches für Höhere Lehrerinnenseminare
und Studienanstalten werde folgen müsfen. Die Frage, ob ein Buch den
beiden letzteren Arten von Schulen zugleich dienen könne, mußte in be-
jahendem Sinne entschieden werden; beide haben dieselbe Grundlage, und
wenn auch die Verteilung des Stoffes auf die Klassen in der Studienanstalt
eine andere ist als im Seminar, so weichen doch die Lehraufgaben nicht so
stark voneinander ab, daß nicht das Geschichtsbuch auf die Bedürfnisse beider
Rücksicht nehmen könnte. Aus naheliegenden praktischen Gründen aber emp-
stehlt es sich, eine unnötige Mannigfaltigkeit der Lehrbücher zu vermeiden.
In der schwierigeren Frage, welcher Maßstab an das Fassungsvermögen
junger Mädchen anzulegen sei, die eine siebenjährige Beschäftigung mit der
Geschichte in der heutigen preußischen Höheren Mädchenschule hinter sich
haben, leitete mich neben meiner eigenen langjährigen Erfahrung im Ge-
schichtsnnterricht des Höheren Lehrerinnenseminars die des Herrn Prof.
Dr. M. Rackwitz an der Charlottenschule zu Berlin, dem der wärmste
Dank für seine treue Mitarbeit gebührt.
In der Gruppierung des Stoffes schließt sich das vorliegende Buch,
soweit es sein Zweck erlaubt, an mein Geschichtsbuch für Höhere Mädchen-
schulen an. Die Darstellung geht selbstverständlich mehr in die Tiefe und
mehr in die Breite. Doch wird man die Scheu vor unnötigem Ballast auch
hier nicht vermissen.
Da im Lehrplan für die Studienanstalt kein besonderer kunstge-
schichtlicher Kursus vorgesehen ist, erschien es geboten, das Wichtigste aus
der Kunstgeschichte in den Rahmen der allgemeinen Geschichte einzufügen.
Auch den Schülerinnen, die sich in Klasse I der Höheren Mädchenschule
näher mit der Kunst vertraut gemacht haben, werden diese Abschnitte von
Nutzen sein. Auf Abbildungen aber glaubten der Herr Verleger uud ich
verzichten zu können, weil solche in kunstgeschichtlichen Leitfäden und Bilder-
sammlnngen in reichem Maße vorhanden sind.
Die sorgfältig ausgewählten Quellensätze im Anhang möchten nicht
als entbehrliche Beigabe angesehen werden, sondern als wertvolle Ergänzungen
des Textes, und bitten um aufmerksame Beachtung. Das gleiche gilt von
den Buntkarten und den Faustkarten im Text.
In der Zeittafel, die nur die wichtigsten Jahreszahlen enthält, ist
von jeder Disposition abgesehen worden, damit das Nebeneinander der
orientalischen, griechischen, römischen und germanischen Ereignisse wie in
einer synchronistischen Tabelle deutlich vor das Auge tritt und nicht im
Gedächtnis eine nur zu Dispositionszwecken gewählte Reihenfolge der
Jahreszahlen einwurzelt.
Jede Mitteilung von Wünschen und Anregung zu Verbesserungen
wird stets sehr willkommen sein.
Mülhausen i. E., im Mai 1911.
K. Chrislensen.