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Die Germanen und das Römische Kaiserreich.
ISO. drängen. Nachdem er 180 in Vindobona gestorben war, bewilligte sein Sohn
und Nachfolger den Markomannen einen jährlichen Tribut.
Mark Aurel war stoischer Philosoph und Verfasser von griechisch ge-
schriebenen „Selbstbetrachtungen". Christenverfolgungen ließ er zu nach
Maßgabe von Trajans Verfügung.
3. Zustände im Römischen Reiche. Die Einigung der Mittelmeervölker
zu einem Weltreiche wirkte ausgleichend auf die Stünde und die Nationen.
Die Zahl der Sklaven nahm ab, da die seltenen Kriege nur wenig neue
Sklaven lieferten und Kaiser und Statthalter, um sich treue Anhänger zu
verschaffen, zahlreiche Freilassungen vornahmen. Die Kaiser verliehen Frei-
gelassenen sogar hohe Stellungen. Das Los der Sklaven milderte sich, als
Hadrian den Herren verbot, ihre Sklaven zu mißhandeln und zu töten. -
Das römische Recht verbreitete sich über das ganze Reich, die lateinische
Sprache besonders in den westlichen Provinzen: sie war die Amts- und
Heeressprache, die Sprache der Bildung, und das eigene Interesse veran¬
lagte die Provinzbewohner, sie zu lernen. Von der größten Bedeutung war
es, daß im Anfang des 3. Jahrhunderts Kaiser Caracalla allen Freien im
ganzen Reiche das volle römische Bürgerrecht verlieh. Die nationalen
Besonderheiten schliffen sich ab, hörten aber nicht auf, am wenigsten im Osten.
Das wirtschaftliche Leben hatte bei dem regen Austausch von Waren
und Gedanken beständig Fortschritte gemacht. Die Gewerbe waren hoch
entwickelt und künstlerisch ausgeführte Gebrauchsgegenstände aus Holz, Metall,
Marmor, Ton und Glas überall verbreitet. Die Landwirtschaft lieferte reiche
Erträge an Getreide und Obst, und die Legionen verpflanzten die Weinrebe
nach Spanien und Gallien, an die Mosel und die Vogesen. Neben den
Großgrundbesitzern aber, den Großkaufleuten, Fabrikherren und Kapitalisten
lebte ein großer Teil des Volkes in dürftigen Verhältnissen.
Die dunkeln Seiten des sittlichen Lebens hatte das Kaisertum nicht
aufzuhellen vermocht. Abgesehen von den Christengemeinden herrschte bei
den Reichen in den größeren Städten ausschweifende Genußsucht, bei der
Masse des Volkes träge Gleichgültigkeit. Von der Willenskrast früherer
Jahrhunderte war tri dem Völkergemisch des Kaiserreichs wenig mehr zu spüren.
4. Römische Kultureinflüsse in Deutschland. Germanische Jünglinge,
die als Söldner in römische Dienste traten, brachten in ihre Heimat die
Kunde von dem verfeinerten Leben und den Einrichtungen der Griechen und
Römer. Die Beziehungen mehrten sich dadurch, daß die Römer an den
beiden Grenzströmen und in der Nähe Kastelle (Lagerfestungen) als Stand-
quartiere für die Legionen anlegten. Aus Anstellungen neben diesen Kastellen
und anderen römischen Gründungen erwuchsen Städte, in Untergermanien:
Utrecht (Trajectus, d. h. Überfahrt), Nimwegen, Xanten, Cöln (Colonia Agrip-
pinensis, genannt nach der jüngeren Agrippina. die dort eine Veteranen-
kolonie gründete). Bonn, Koblenz (Post- und Zollstation der Rheinstraße
ad Conflnentes, d. h. am Zusammenfluß), Aachen (Aquisgranum, wegen